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Komplette Ausgabe 2010 - synpannier

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Inhalt Editorial Schwerpunkt Perspektiven Tagungen Rezensionen Impressum<br />

62 |<br />

fehlten (Schwan 2008), allerdings sei der HR nicht Täter,<br />

sondern Opfer gewesen, erklärte Richter Erhard. Ein<br />

»System HR« habe man nicht finden können, betonte er.<br />

»Man mag aber von einem ›System Dr. Emig‹ sprechen.«<br />

(zit. n. Die Welt 2008; vgl. auch Hanfeld 2008) In einer<br />

ersten Stellungsnahme zeigte der HR Genugtuung über<br />

das Urteil. »Wer gegenüber Veranstaltern und Sponsoren<br />

so tut, als gehe es ihm um den Programmauftrag, dabei<br />

aber Geld in die eigene Tasche steckt, der verkauft<br />

die Rundfunkfreiheit«, sagte HR-Intendant Helmut<br />

Reitze (Die Welt 2008; Hanfeld 2008). Laut Staatsanwalt<br />

Michael Loer, der eine Freiheitsstrafe von dreieinhalb<br />

Jahren gefordert hatte, habe Emig seine Stellung<br />

beim HR genutzt, um auch Sendungen bzw. Beiträge<br />

ins Programm zu nehmen, die unter journalistischen<br />

Gesichtspunkten keinen Platz gefunden hätten. Die unausgesprochene<br />

Anklage gegen den Sender konnte Chef<br />

Reitze nur teilweise entkräften (ebd.).<br />

3. Die Verteuerung der Sportrechte und ihre Implikationen<br />

Interessant ist die Frage, ob wir es mit einem Einzelfall<br />

zu tun haben (»System Emig«) oder ob dies nur die<br />

Spitze eines Eisbergs (»System HR« oder sogar »System<br />

Deutsches Fernsehen«) ist? Hierbei wollen wir den Blick<br />

über den Tellerrand wagen und uns von diesem Einzelfall<br />

befreien Um diese Frage beantworten zu können, gilt<br />

es, sich vom Fall Emig zu lösen. Im Folgenden werden<br />

wir daher die These verfolgen, dass medienrechtliche wie<br />

medienethische Verstöße in der deutschen TV-Sportberichterstattung<br />

einer systemischen Logik entspringen<br />

und inzwischen eine Vielzahl solcher Fälle zu beobachten<br />

sind. Angesichts der zunehmenden Konkurrenz auf den<br />

TV-Märkten, den sich wandelnden Geschäfts- und Erlösmodellen<br />

und der rasanten technischen Entwicklung<br />

im Informations- und Kommunikationsbereich (Wirtz<br />

2009: 396), entspringen die Verstöße nicht nur persönlichen<br />

Verfehlungen einzelner Journalisten, sie sind vielmehr<br />

den besonderen Bedingungen der TV-Branche<br />

geschuldet.<br />

Sportliche Spitzenereignisse wie die Olympischen Spiele, Fußball-Weltmeisterschaften, Fußball-Europameisterschaften<br />

sind in den vergangenen Jahrzehnten äußerst kosten- und risikointensive Waren für TV-Sender geworden. Der<br />

ökonomische Druck, der sich auf dem Beschaffungsmarkt in den vergangenen Jahren entwickelt hat und durch die<br />

Finanz- und Wirtschaftskrise nochmals gesteigert wurde, zeigt sich, wenn man das Verhältnis von TV-Rechtekosten<br />

und Zuschauerreichweite näher betrachtet. So stiegen die Rechtekosten bei Fußball-Topevents sowie bei den Olympischen<br />

Spielen in den vergangenen Jahrzehnten exponentiell an, während die TV-Zuschauerzahlen nahezu konstant<br />

blieben (vgl. Graphik 1, 2, 3).<br />

500<br />

400<br />

300<br />

200<br />

100<br />

0<br />

48,8<br />

13,72 15,25<br />

10,02 8,16 11,57<br />

19<br />

9 2<br />

19<br />

9 6<br />

Fußball-Europameisterschaft (Jahr)<br />

Graphik 1: Verhältnis von TV-Rechtekosten (grauer Balken) und Reichweite (schwarzer Balken) bei der Fußball-<br />

Europameisterschaft; Eigene Darstellung<br />

20<br />

0<br />

131,3<br />

20<br />

0 4<br />

525,2

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