en letterkunde: germaanse talen - E-thesis

2.2.1.16 Vielleicht
Die Modalpartikel vielleicht kommt in Exklamativsätzen und in Entscheidungsfragesätzen
vor. Das wichtigste Merkmal dieser Modalpartikel ist (Thurmair, 1989 –
S. 192-193).
Die Bedeutung von vielleicht als Modalpartikel in Exklamativsätzen ist der Bedeutung der
Modalpartikel aber (cfr. 2.2.1.7) ähnlich: Vielleicht und aber drücken beide Staunen und
Überraschung aus. Der Unterschied liegt darin, dass aber Staunen beim Sprecher ausdrückt
und vielleicht mehr auf den Hörer bezogen ist (Thurmair, 1989 – S. 192): Mit vielleicht will
der Sprecher eine Aussage machen, die für sichselbst nicht immer neu ist, aber (nach dem
Sprecher) wohl neu und unerwartet ist für den Hörer. Deswegen bekommt vielleicht in
Exklamativsätzen das Etikett H von Thurmair (1989 – S. 193). Ein Beispiel:
„Mann, ich habe vielleicht immer Kopfschmerzen!“
Mit der Modalpartikel vielleicht deutet der Sprecher dieses Satzes an, dass er für den Hörer
etwas Neues erzählt. Das Wort immer zeigt, dass der Sachverhalt für den Sprecher nicht neu
ist. Thurmair (1989 – S. 192) sagt dazu:
„Relevant ist in diesen Äußerungen der Bezug zum Hörer (…), wo für den Sprecher
vor allem wichtig ist, dass der Gesprächspartner den Sachverhalt erkennt und
entsprechend darauf reagiert (…).“
Die Modalpartikel vielleicht wird auch manchmal in Exklamativsätzen verwendet, wenn der
Sachverhalt für die beiden Gesprächspartner unerwartet ist. In diesen Sätzen sind dann aber
und vielleicht beide möglich. Doch gibt es einen Unterschied: „Exklamationen mit vielleicht
sind tendenziöser als solche mit aber “ (Thurmair, 1989 – S. 193). Das heißt, dass
Exklamationen mit vielleicht negativer sind, als Exklamationen mit aber:
- Jan ist aber groß geworden!
? Jan ist vielleicht groß geworden!
- Peter ist vielleicht ein Depp!
* Peter ist aber ein Depp!
„Jan ist vielleicht groß geworden!“ ginge, wenn es für den Sprecher nicht neu wäre. „Peter ist
aber ein Depp!“ ginge nicht wegen der Tendenz des Satzes: Das Wort ‚Depp’ macht den Satz
schon tendenziös, deshalb ist vielleicht in dieser Exklamation zu bevorzugen. In diesen
tendenziösen Fällen kommt noch ein Merkmal hinzu, nämlich S:
„(…) fakultativ ist dieses Merkmal deshalb, weil in Erzählungen die negative
Konnotation nicht vorhanden sein braucht, da in diesem Fall ohnehin nur vielleicht
verwendet werden kann.“ (Thurmair, 1989 – S. 194)
Jeroen Pollet Modalpartikeln in Internetdiskussionen: 67
Eine empirische Studie mit den Darstellungsmodellen von Thurmair und Langacker