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ein mythos des terrors

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Das Ende der armenisch-griechischen<br />

Invasion und der<br />

Friedensvertrag von Lausanne (1923)<br />

Als die osmanische Regierung im April 1915 nach den<br />

verheerenden Armenieraufständen in Ostanatolien, vor<br />

allem in Van, die Umsiedlung der anatolischen Armenier<br />

in die sicheren Südprovinzen anordnete, sparte sie die<br />

armenische Bevölkerung Istanbuls und Izmirs ausdrücklich<br />

aus, weil dort k<strong>ein</strong>e Gefahr im Verzug zu s<strong>ein</strong> schien.<br />

Spätestens im Frühjahr 1919 sollte sich in Izmir zeigen,<br />

wie vorteilhaft für alle es gewesen wäre, auch die Armenier<br />

Izmirs rechtzeitig umzusiedeln, weil sie im Zuge der<br />

griechischen Invasion alles taten, um ihre türkischen<br />

Landsleute zu schädigen. Armenier taten sich in den<br />

ersten Tagen der Besetzung Izmirs durch die Griechen<br />

mit Gewalttaten gegen die Türken besonders hervor.<br />

Als sich die Griechen nach dem maßlosen Ausufern <strong>des</strong><br />

Terrors in Izmir schließlich gezwungen sahen, gegen ihre<br />

eigenen Parteigänger vorzugehen, um dem Morden und<br />

Plündern Einhalt zu gebieten, befanden sich unter den<br />

zum Tode verurteilten auch zwei armenische Rädelsführer.<br />

Im Berichte der Bristol-Kommission (der sich in der<br />

Kongreßbibliothek zu Washington befindet und die<br />

Lagebeurteilung durch <strong>ein</strong>en Entente-Offizier enthält) ist<br />

ausdrücklich von armenischen Banden die Rede, die in<br />

der Gegend zwischen Izmir und Istanbul, vor allem um<br />

Yalova und Gemlik, türkische Dörfer brandschatzten und<br />

das Land, das künftighin nur mehr von Griechen und<br />

Armeniern beherrscht werden sollte, von Türken „säuberten”.<br />

Während der späteren Friedenskonferenz von Lausanne<br />

brachte der türkische Delegationsleiter Ismet Inönü diese<br />

Vorkommnisse auch ausdrücklich zur Sprache - und niemand<br />

widersprach ihm.<br />

Die griechische Invasion Anatoliens endete für die Aggressoren<br />

mit <strong>ein</strong>er Katastrophe: am 15. Mai 1919 waren sie bei Izmir<br />

gelandet, am 9. September 1922 eroberten die Türken ihre<br />

bedeutendste Hafenstadt zurück. Unmittelbar vor dem Einmarsch<br />

der Türken brach im Armenierviertel <strong>ein</strong> Großbrand aus, der<br />

25000 Wohnhäuser vernichtete und den Türken <strong>ein</strong>e zur Hälfte<br />

vernichtete Stadt hinterließ.<br />

114<br />

Der griechische Überraschungscoup gegen die Türken<br />

hatte am 15. Mai 1919 mit der groß angelegten Invasion<br />

Westanatoliens begonnen; endlich sollte - nach zweitausend<br />

Jahren! - wieder „Groß-Griechenland” auf dem<br />

inzwischen längst türkisch gewordenen Boden Anatoliens<br />

entstehen. Die Alliierten hatten das abenteuerliche<br />

griechische Unternehmen zuvor „abgesegnet”, was nicht<br />

hieß, daß sie bei <strong>des</strong>sen Scheitern den Opfern dieses Größenwahns<br />

beistehen würden, wie das Schicksal der griechischen<br />

und armenischen Flüchtlinge alsbald anschaulich<br />

zeigte.<br />

Die mit modernsten Waffen und viel Kapital<strong>ein</strong>satz<br />

durchgezogene griechische Aggression wurde für das türkische<br />

Anatolien existenzbedrohend, als die hellenische<br />

Expeditionsarmee Haymana erreichte und damit das<br />

Weichbild der neuen Hauptstadt Ankara. Dort war ununterbrochen<br />

der Kanonenlärm vom Schlachtfeld her zu<br />

hören und die Regierung dachte zwar nicht ans Aufgeben,<br />

aber ans Übersiedeln - oder Fliehen - nach Sivas. Doch<br />

die Griechen hatten ihre Expansionskraft überspannt.<br />

Allmählich gewannen die Türken, vor den Toren<br />

Ankaras, wieder an Boden und nach elftägiger Schlacht<br />

(vom 21. August bis 2. September 1921) brach die<br />

griechische Angriffsspitze vor Ankara und die Verteidiger<br />

drängten die Aggressoren rasch nach Westen ab, barfuß<br />

zwar und elendiglich ausgerüstet und versorgt . . . aber<br />

eben siegreich.<br />

Frankreich erkannte sehr rasch, daß sich das Blatt wendete<br />

und beeilte sich, gute Beziehungen zu Ankara herzustellen.<br />

Außenminister Henri Franklin-Bouillon eilte nach<br />

Anatolien und gab so zu erkennen, daß s<strong>ein</strong> künftiger<br />

Verhandlungspartner in Ankara - und nicht in Istanbul -<br />

saß, wo ja noch immer <strong>ein</strong>e machtlose osmanische Regierung<br />

Souveränität vortäuschte.<br />

Frankreich also akzeptierte den neuen türkischen „Nationalpakt”<br />

und gab gleichzeitig zu erkennen, daß es das<br />

Diktat von Sevres als nichtig betrachte. So hat jene<br />

Nation, die in der Vergangenheit die Armenier am<br />

entschiedensten und unverfrorensten zu Krieg und Terror<br />

aufstachelte, als es darum ging, das Osmanenreich zu<br />

schwächen, reagiert, als es sich abzeichnete, daß den<br />

Türken damit nicht beizukommen war. Über Nacht geriet<br />

die „Sache der Armenier” so in Vergessenheit, wie jene<br />

„Großgriechenlands”, das sich soeben durch Überspannen<br />

der Möglichkeiten selbst liquidierte.<br />

Im August 1922 begannen die Türken nach sorgfältiger<br />

Vorbereitung ihren Angriff gegen die griechischen Invasoren,<br />

die sich inzwischen in Westanatolien <strong>ein</strong>geigelt<br />

hatten und alles auf die Karte „Sieg” setzten; am 13. Juni<br />

1921 begab sich sogar König Konstantin persönlich auf<br />

das anatolische Schlachtfeld und setzte, bedeutungsschwanger,<br />

s<strong>ein</strong>en Fuß dort an Land, wo die unglücklichen<br />

Kreuzfahrer Jahrhunderte vorher (gleichfalls<br />

vergeblich) an Land gegangen waren.<br />

Am 2. September 1922 befreiten die türkischen Truppen<br />

Eski§ehir, <strong>ein</strong>e Woche später Manisa, das die Griechen<br />

vor ihrem Abzug in Brand steckten, so wie kurz darauf

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