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ein mythos des terrors

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viele Fehler bei der Herstellung der Papiere begangen,<br />

daß die Aufdeckung der Fälschung mit absoluter Sicherheit<br />

auch ohne s<strong>ein</strong>e ursprünglichen Papiere möglich ist.<br />

Die falschen Daten<br />

Die <strong>ein</strong>fachste, absolut unwiderlegbare Methode, die<br />

Papiere <strong>des</strong> Aram Andonian als Fälschung auszuweisen,<br />

ist s<strong>ein</strong>e irrtümliche Verwendung der Kalenderangaben;<br />

Andonian läßt - um nur <strong>ein</strong> Beispiel zu nennen - den<br />

Gouverneur von Aleppe zu <strong>ein</strong>em Zeitpunkt Dokumente<br />

unterschreiben, da er noch nicht <strong>ein</strong>mal ernannt war und<br />

noch in Istanbul lebte.<br />

Naturgemäß verwendete Andonian bei s<strong>ein</strong>en Fälschungen<br />

den Rumi-Kalender, der damals im Osmanischen<br />

Reich in Verwendung stand. Der Rumi- (römische)<br />

Kalender der Osmanen war <strong>ein</strong>e besondere Spielart <strong>des</strong><br />

allgem<strong>ein</strong>en islamischen Kalenders, der von der<br />

Hedschra, der Flucht Mohammeds von Mekka nach<br />

Medina im Jahre 622 n. Chr., ausgeht. Da er nach<br />

Mondjahren berechnet wurde, waren bei der Ermittlung<br />

<strong>des</strong> Rumi-Kalenders nur 584 Jahre abzuziehen, das Jahr<br />

1987 A. D. wäre nach Rumi-Kalender 1403. Doch der<br />

Rumi-Kalender weist noch <strong>ein</strong>e Tücke auf, man rechnet<br />

nicht nur 584 Jahre, sondern auch 13 Tage dazu. Das<br />

Rumi-Jahr begann jeweils am 1. März. Das bedeutet, daß<br />

die letzten beiden Monate <strong>des</strong> Rumi-Kalenders (also<br />

Januar und Februar) bereits die ersten Monate <strong>des</strong><br />

christlichen Kalenders sind.<br />

Das richtige Jahr - nach christlicher Zählung - für diese<br />

beiden letzten Monate <strong>des</strong> Rumi-Kalenders werden<br />

ermittelt, indem man 584 plus <strong>ein</strong>em Jahr rechnet. Ein<br />

Beispiel: Der 5. Januar <strong>des</strong> Jahres 1331 (Rumi) entspricht<br />

dem 18. Januar <strong>des</strong> Jahres 1916 A. D. (1331+584+1 und<br />

13 Tage).<br />

Das ist aber noch nicht genug der Tücke. Wie gesagt, das<br />

osmanische Jahr begann immer mit dem 1. März. Im<br />

Februar <strong>des</strong> Jahres 1917 wurde - um die Umrechnung zu<br />

erleichtern - die Differenz von 13 Tagen zwischen Rumiund<br />

Gregorianischem Kalender abgeschafft, allerdings<br />

blieb die Jahreszählung mit der Differenz von 584 Jahren<br />

unverändert. Auf diese Art wurde der 16. Februar 1332<br />

(Februar 1917) plötzlich zum 1. März 1333 (oder 1. März<br />

1917 A. D.) und zur gleichen Zeit wurde das Jahr 1333<br />

(1917) als <strong>ein</strong> Jahr mit zehn laufenden Monaten vom 1.<br />

März bis 31. Dezember angesehen.<br />

So wurde der 1. Januar 1334 zugleich der 1. Januar 1918<br />

A. D. (Nur zur Information: Die Türkische Republik<br />

nahm den Gregorianischen Kalender erst im Jahre 1925<br />

an, womit das Rumi-Jahr 1341 zu 1925 A. D. wurde.)<br />

Diese kalendertechnischen Angaben mögen sich sehr<br />

kompliziert und uninteressant ausnehmen, sind aber im<br />

Zusammenhang der „Vierzig Tage <strong>des</strong> Musa Dagh” und<br />

den Fälschungen Aram Andonians, denen Franz Werfel<br />

zunächst aufgesessen ist, von entscheidender Bedeutung.<br />

Bei der Zählung (und fortlaufenden Numerierung) der<br />

„Andonian-Papiere” und der echten Dokumente der<br />

osmanischen Regierung darf auch nicht übersehen wer-<br />

Ein von Aram Andonian gefälschter Brief mit dem Datum 18.<br />

Februar 1331 (2. März 1916). Der Brief beginnt oben mit <strong>ein</strong>em<br />

„Bismillah” (<strong>ein</strong>em Segensspruch), wie er von <strong>ein</strong>em Moslem<br />

niemals geschrieben worden wäre. Der fatalste Irrtum passierte<br />

dem Fälscher Andonian jedoch mit dem Datum. Da er sich offenbar<br />

mit den Tücken der Umrechnung <strong>des</strong> Rumi-Jahres der<br />

Osmanen und der Beseitigung <strong>ein</strong>er Differenz von 13 Tagen zwischen<br />

Rumi-Kalender und Gregorianischem Kalender nicht richtig<br />

vertraut gemacht hatte, datierte er ihn gleich um <strong>ein</strong> ganzes<br />

Jahr falsch, an Stelle von 1330 kam er bereits in das Jahr 1331 -<br />

also 1916, obwohl der Inhalt dieses Briefes so abgefaßt ist, daß er<br />

die lange Vorausplanung der Umsiedlungsaktion beweisen soll.<br />

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