ein mythos des terrors
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Die Politik der Großmächte und die Armenische Frage<br />
Mit dem Eindringen der Mongolen - damals der Großmacht<br />
<strong>des</strong> Ostens -, die 1236 Ani verwüsteten, und mit<br />
der neuerlichen Mongoleninvasion in Ostanatolien unter<br />
Timur Lenk (1379) sah sich die armenische Bevölkerung<br />
<strong>ein</strong>er solchen Bedrängnis ausgesetzt, daß das Katholikosat<br />
nach Etschmiadzin verlegt wurde. Sis, die letzte<br />
Armenierbastion im Süden Anatoliens, war 1375 von den<br />
Mamluken erobert worden.<br />
Damit waren die Armenier - abgesehen von ihren religiösen<br />
und kulturellen Aktivitäten - aus der Geschichte als<br />
Macht- oder Gebietsfaktor ausgetreten.<br />
Wie trotzdem <strong>ein</strong>e Armenische Frage als Faktor der<br />
Politik der Großmächte entstehen konnte, geht fast<br />
ausschließlich auf die Expansionsbestrebungen <strong>des</strong> zaristischen<br />
Rußland und s<strong>ein</strong>e damit verbundenen<br />
Schachzüge zurück; wiederholt erwiesen sich die<br />
Armenier in diesem häßlichen Spiel als die nützlichsten<br />
„Bauernopfer”, die die Meister <strong>des</strong>selben in Moskau oder<br />
St. Petersburg darbringen konnten.<br />
Ein kurzer Blick auf die atemberaubende Geschwindigkeit<br />
und Zielstrebigkeit, mit der Rußland türkisches und<br />
persisches Territorium gewann und sich das südliche<br />
Zentralasien, Nordpersien, den Kaukasus, die Krim und<br />
schließlich den Zugang zum Balkan eroberte, macht die<br />
Wichtigkeit der Existenz <strong>ein</strong>er Armenischen Frage klar,<br />
vor allem im Hinblick auf Rußlands bis heute größtes<br />
Ziel: die Eroberung der Dardanellen.<br />
1774 war der Auftakt zur Abtakelung <strong>des</strong> Osmanenreiches.<br />
Im Vertrag von Kütschük Kainardscha, fünfundsechzig<br />
Jahre nach dem für die Türken so<br />
schlimmen Vertrag von Karlowitz, büßte das Osmanenreich<br />
so viel Ansehen <strong>ein</strong>, daß fortan nur mehr<br />
Österreich und Rußland auf dem Balkan das Sagen<br />
hatten; im Osten allerdings ausschließlich die Russen.<br />
Seit dem Jahre 1515 war Ostanatolien osmanisch;<br />
1578 hatte Sultan Murad III. Georgien erobert. Die<br />
<strong>ein</strong>zigen Rivalen der Türken im Osten waren die<br />
Perser. Im Jahre 1639 schlossen die Osmanen mit<br />
den Safawiden den Vertrag von Kasr-i-Schirine, und<br />
trotz der nachfolgenden Kriege verläuft die heutige<br />
türkisch-iranische Grenze immer noch so wie 1639<br />
bestimmt.<br />
Alle türkisch-persischen Kriege galten armenischem<br />
Territorium, armenisch allerdings ausschließlich im<br />
Sinne der Bezeichnung <strong>ein</strong>er historischen Provinz,<br />
aber k<strong>ein</strong>eswegs irgend<strong>ein</strong>er Machtposition <strong>des</strong> Volkes<br />
der Haik, das, gem<strong>ein</strong>sam mit anderen Vökern<br />
und Stämmen, die ostanatolischen und angrenzenden<br />
Gebiete bewohnte. Zur Zeit <strong>des</strong> Vertrages von<br />
Kasr-i-Schirine, 1639, war die Krim osmanisch,<br />
ebenso wie Georgien und die gesamte Schwarz-<br />
meerküste; das Schwarze Meer war <strong>ein</strong> türkischosmanisches<br />
Binnenmeer.<br />
Eriwan gehörte seit 1639 zu Persien, es war <strong>ein</strong>e<br />
fast ausschließlich islamische Stadt.<br />
Der erste Schritt der Russen in Richtung Kaukasus<br />
erfolgte 1556, als sie Astrachan eroberten.<br />
Transkaukasien gehörte zwar nominell zu Persien,<br />
doch stand Aserbaidschan de facto unter osmanischer<br />
Kontrolle.<br />
Das <strong>ein</strong>zige Mal, daß Armenier - genauer gesagt:<br />
Haik - in jener Zeit erwähnt werden, ist, als Schah<br />
Abbas in den Jahren 1603-1604 die Armenier von<br />
Eriwan und Dschulfa nach Innerpersien schaffen.<br />
Im Jahre 1461 hatte Mechmed der Eroberer das<br />
armenische Patriarchat von Istanbul gegründet, und<br />
dem armenischen Patriarchen der Stadt unterstanden<br />
alle Armenier und Monophysiten <strong>des</strong><br />
Reiches, unabhängig von der Existenz der armenischen<br />
Katholiko-sate von Sis oder Etschmiadsin -<br />
damals persisch -hatte im Osmanenreich k<strong>ein</strong>erlei<br />
Macht.<br />
Die Russen mischten sich in den türkisch-persischen<br />
Krieg von 1723 bis 1727 <strong>ein</strong> und entsandten<br />
Militär ans Kaspische Meer; das Khanat von Kuba,<br />
nördlich von Baku, geriet unter russischen Einfluß.<br />
1768 brach in der Folge der Ereignisse in Polen <strong>ein</strong><br />
russisch-türkischer Krieg aus. Die osmanische<br />
Armee wurde geschlagen, und 1774 der Vertrag von<br />
Der Gebäudekomplex der kaiserlich-russischen Botschaft in<br />
Istanbul-§ishane. Von der Beletage der Botschaft haben die<br />
Russen <strong>ein</strong>en prachtvollen Ausblick auf die Meerengen. An der<br />
russischen Politik, die immer zu den „warmen Wassern”<br />
drängte, hat sich so wenig geändert wie an der russischen<br />
Unterstützung der armenischen Terroristen, die seit den Tagen<br />
<strong>des</strong> Zaren blutige Tradition hat.<br />
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