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ein mythos des terrors

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Jeder Versuch der Armenier, Autonomie zu erlangen,<br />

die ja, in dem Sinne, den die Armenier der Autonomie<br />

zugrundelegen, unweigerlich ausschließliche<br />

Herrschaft der Christen und christliche Verwaltung<br />

bedeutet, würde den Widerstand der Moslems bis zum<br />

letzten hervorrufen. Sie kennen heute das Schicksal,<br />

das ihren islamischen Brüdern in Rumelien und<br />

Bulgarien widerfahren ist.<br />

Die Folge wäre, mit höchster Wahrsch<strong>ein</strong>lichkeit,<br />

blutiger Kampf, wenn nicht gar <strong>ein</strong> allgem<strong>ein</strong>es<br />

Armeniermassaker, dem nur mit Hilfe <strong>ein</strong>er<br />

bewaffneten Intervention von seifen Rußlands <strong>ein</strong> Ende<br />

gemacht werden könnte, die aller Wahrsch<strong>ein</strong>lichkeit<br />

nach mit dem Aufgehen der Armenier in russischem<br />

Herrschaftsgebiet enden würde, mit dem Verlust ihrer<br />

Nationalität, ist Rußland doch noch weniger als die<br />

Türkei geneigt, armenische Autonomie zu fördern oder<br />

gar letztliche Unabhängigkeit.<br />

(Der Rest <strong>des</strong> Briefes berichtet über die Ablehnung<br />

britischer Konsularberichte über die Zustände in<br />

Anatolien, die größtenteils, nach M<strong>ein</strong>ung der Pforte,<br />

von Patriarch Narses inspiriert seien.)<br />

Schlußformel<br />

A. H. Layard (m. p.)<br />

F. O. 424/106, p. 174-175, No. 81<br />

Sir. H. Elliot an den Earl of Derby<br />

No. 1337<br />

Constantinopel, 7. 12. 1876<br />

(In London <strong>ein</strong>gelangt am 15. Dezember<br />

1876)<br />

My Lord,<br />

der armenische Patriarch suchte mich gestern auf.<br />

Gegenstand s<strong>ein</strong>es Besuches war es, im Namen der<br />

christlichen Gem<strong>ein</strong>de, deren Oberhaupt er ist, die<br />

Hoffnung auszudrücken, die Botschafterkonferenz<br />

werde nicht darauf bestehen, daß nur jenen Provinzen<br />

von der Hohen Pforte Zugeständnisse gemacht werden,<br />

die sich gegen die Regierung erhoben hatten, sondern<br />

auch jenen, die ruhig geblieben waren.<br />

Ich antwortete zurückhaltend, und erklärte, die Konferenz<br />

befasse sich mit dem Ziel, in den Provinzen wieder<br />

Ruhe herzustellen, wo <strong>ein</strong> Aufstand den allgem<strong>ein</strong>en<br />

Frieden bedroht hatte, und daß sie sich nicht zur<br />

Aufgabe gestellt hatte, sich mit der Frage der<br />

Verwaltung <strong>des</strong> Osmanischen Reiches als ganzes zu<br />

befassen. Der Patriarch antwortete, daß s<strong>ein</strong>e Leute<br />

sehr erregt seien, und sagte, für den Fall, daß es<br />

notwendig ist, sich zum Aufstand zu erheben, um die<br />

Sympathie der europäischen Mächte zu erringen, gibt<br />

es k<strong>ein</strong>e Schwierigkeiten, so <strong>ein</strong>e Bewegung ins Leben<br />

zu rufen.<br />

(Der Rest <strong>des</strong> Briefes beschäftigt sich mit tscherkessischen<br />

Flüchtlingen, die aus Europa nach Asien übersiedeln<br />

mußten.)<br />

Schlußformel<br />

Henry Elliot (handschriftlich)<br />

F. O. 424/46, p. 205-206, N. 336<br />

Patriarch Mygirditsch Khrimian (1869-1874) war der Führer<br />

<strong>ein</strong>er armenischen Delegation, die mehrere europäische<br />

Hauptstädte besuchte, um bei den Mächten <strong>ein</strong> „autonomes”<br />

Armenien durchzusetzen. Am Vorabend <strong>des</strong> Berliner Kongresses<br />

überreichte Prälat Khrimian dem Kongreß <strong>ein</strong> in diesem Sinne<br />

gehaltenes Schreiben. Nach s<strong>ein</strong>er Rückkehr forderte Prälat<br />

Khrimian die Armenier indirekt zur Gewalt auf, indem er allegorisch<br />

feststellte, die Balkanvölker hätten sich ihre Ration<br />

Freiheit „mit dem eisernen Löffel geholt”, während die<br />

Armenier mit Papierlöffeln speisten. Die Folge war <strong>ein</strong>e ganze<br />

Kette von blutigen Aufständen der armenischen Minderheit, die<br />

die Beschlüsse <strong>des</strong> Berliner Kongresses <strong>ein</strong>fach nicht zur<br />

Kenntnis nehmen wollte.<br />

Patriarch Nerses II. Vartabejian, Armenischer Patriarch von<br />

Istanbul (1874-1884), schrieb am 13. April 1877 an Lord<br />

Salisbury, daß „coexistence” zwischen Armeniern und Türken<br />

„impossible” sei, und der <strong>ein</strong>zige Ausweg aus der Unruhe in der<br />

Schaffung <strong>ein</strong>er „autonomen christlichen Organisation” (also<br />

<strong>ein</strong>es christlichen Staates) nach „libanesischem Vorbild” bestünde.<br />

«Une autorite Chretienne . . . doit donc remplacer l’autorite<br />

Musulmane partout oü il y a agglomeration <strong>des</strong> Chretiens . . .»<br />

Selbst der Patriarch wagt es nicht, von <strong>ein</strong>er christlichen Mehrheit<br />

in Ost- oder Südanatolien zu schreiben; er wählt das Wort<br />

„agglomeration”, die vielleicht in <strong>ein</strong>igen Straßenzügen oder<br />

besseren Wohnvierteln ostanatolischer Städte bestanden hat,<br />

nicht aber in auch nur <strong>ein</strong>er <strong>ein</strong>zigen Stadt (Briefzitat aus F. O.<br />

424/70, pp 70-72, No. 134/1).<br />

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