ein mythos des terrors
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nach der ganzen Unruhe und all dem Unfrieden, der seit<br />
dem Vorstoß <strong>des</strong> zaristischen Rußland in die kaukasische<br />
und ostanatolische Region dort herrschte, daß nach all<br />
den Kriegen der Kl<strong>ein</strong>en unter<strong>ein</strong>ander, die nur den Großen<br />
nützten, endlich Friede und Verständigung heraufdämmern<br />
mochte.<br />
Im Zusammenhang mit der Entwicklung der Lage im<br />
Kaukasus und Ostanatolien sollte <strong>ein</strong>e bezeichnende<br />
Episode nicht übersehen werden, die sich in der Folge<br />
der Konferenz von Batum (11. Mai 1918) und der durch<br />
sie ermöglichten Gründung der Republik Armenien<br />
ergab: In Batum hatte die osmanische Delegation versprochen,<br />
sich für <strong>ein</strong>en Friedensschluß zwischen den<br />
Mittelmächten (Deutschland, Österreich-Ungarn,<br />
Bulgarien) und den neuen Ländern der Kaukasusregion<br />
<strong>ein</strong>zusetzen, also auch Armenien Anerkennung zu verschaffen.<br />
Im Zuge der Vorbereitungen <strong>ein</strong>es solchen<br />
Friedens kam <strong>ein</strong>e Delegation von Vertretern dieser<br />
Länder nach Istanbul; Sprecher der Armenier waren die<br />
Herren Aharonian und Hadissian. Am 6. Dezember 1918<br />
wurden die Armenier von Sultan Mehmed IV. Vahdeddin<br />
nach dem Freitagsgebet (dem „Selamlik”) empfangen.<br />
Am 9. September sandte Herr Aharonian <strong>ein</strong> Telegramm<br />
folgenden Inhalts an s<strong>ein</strong>en Premierminister Katschasnuni<br />
nach Armenien:<br />
„Arn 6. September wurden wir nach dem Selamlik vom<br />
Sultan in Audienz empfangen. Wir sprachen unsere Glückwünsche<br />
anläßlich s<strong>ein</strong>er Thronbesteigung aus und überbrachten<br />
unsere Wünsche für das Wohlergehen <strong>des</strong><br />
Kaiserreiches und s<strong>ein</strong>en Fortschritt. Wir erinnerten<br />
daran, daß es die osmanische Regierung gewesen ist, die<br />
zum ersten Mal an die Gründung <strong>ein</strong>es unabhängigen<br />
Armenien dachte und daß die armenische Nation das<br />
niemals vergessen werde, und daß die armenische<br />
Regierung alles Mögliche tun werde, um die bestehenden<br />
freundschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden<br />
Ländern zu erhalten und zu stärken.<br />
S<strong>ein</strong>e Majestät hat uns gedankt und gleichzeitig s<strong>ein</strong>er<br />
Freude darüber Ausdruck gegeben, Vertreter <strong>ein</strong>es freien<br />
und unabhängigen Armeniens begrüßen zu können. Er<br />
wünschte auch, daß Armenien stark s<strong>ein</strong> möge, um s<strong>ein</strong>e<br />
Unabhängigkeit verteidigen zu können, und auf dem Wege<br />
<strong>des</strong> Fortschrittes voranzukommen. S<strong>ein</strong>e Majestät versicherte,<br />
daß er an gute Beziehungen und freundschaftliche<br />
Bande zwischen der Türkei und Armenien glaube. S<strong>ein</strong>e<br />
Majestät schloß die Unterredung indem er sagte, er freue<br />
sich ganz besonders darüber, daß Armenien aus sich selbst<br />
die Kraft geschöpft habe, <strong>ein</strong>en unabhängigen Staat zu<br />
errichten, fähig, Delegierte nach Istanbul zu schicken, und<br />
er erneuerte abermals s<strong>ein</strong>e Wünsche für unser Land.”<br />
Aharonian setzt s<strong>ein</strong>en Bericht fort indem er schreibt:<br />
„Talaat Pascha ist nach Berlin gereist, um die Probleme<br />
zu besprechen, die sich aus der Lage im Kaukasus ergeben<br />
. . .” die verwirrend genug war, weil sich Deutschland<br />
gleichfalls in jener neuralgischen Zone der Weltpolitik<br />
festsetzen wollte und mit den Osmanen erbittert um<br />
Einfluß rang.<br />
Sultan und Kalif Mechmed VI. Vaheddin (1918-1923).<br />
Doch inzwischen nahm der Erste Weltkrieg <strong>ein</strong>e dramatische<br />
Wendung.<br />
Die weit überforderten Kräfte der Mittelmächte erlahmten.<br />
Am 8. Oktober 1918 trat das Kabinett Talaat Pascha<br />
zurück, damit das Osmanenreich die Rahmenbedingungen<br />
Wilsons für <strong>ein</strong>en Frieden (Konstantinopel befand<br />
sich allerdings mit den USA nicht in Kriegszustand)<br />
besser erfüllen könne. Am 30. Oktober 1918 unterzeichneten<br />
Osmanen und die Vertreter der Ententemächte an<br />
Bord von H. M. S. AGAMEMNON im Hafen von<br />
Mudros (Insel Lemnos), fast in Sichtweite der<br />
Dardanellen, <strong>ein</strong> Waffenstillstandsabkommen.<br />
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