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Ihr kennt eure Bibel nicht! - von Katharina Mommsen

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den der großen religiösen Dichter. Und so liegt <strong>nicht</strong> im Aussprechen,<br />

sondern im Bewahren des Geheimnisses das Eigentliche <strong>von</strong><br />

Hölderlins Werk. Mit der Ehrfurcht gegenüber dem Nichtauszusprechenden<br />

wahrt Hölderlin zugleich die Integrität, die Echtheit<br />

seines Priestertums. Eingangs führte ich Friedrich Gundolfs Wort<br />

an: das Spätwerk dieses Dichters sei das Ertönen beständigen Verkehrs<br />

mit den Göttern. Diese Definition mag gelten. Zum Abschluß<br />

sei aber noch der schöne Satz angefügt, mit dem Gundolf seine<br />

Charakteristik weise ergänzt: Hölderlins Hymnen "sind nur die<br />

dichterische Stimme eines dichterischen Schweigens".<br />

134<br />

Dionysos in der Dichtung Hölderlins<br />

mit besonderer Berücksichtigung der FRIEDENSFEIER<br />

I.<br />

In der Dichtung Hölderlins spielt Dionysos eine außerordentliche<br />

Rolle. Von den Göttern des Altertums, zu denen Hölderlin in einem<br />

innigeren Verhältnis stand als irgend ein Dichter neuerer Zeit,<br />

ist Dionysos derjenige Gott, den er weitaus am meisten besungen<br />

hat. Dennoch fehlt bis heute in der Hölderlinliteratur eine umfassende<br />

Untersuchung über das Verhältnis des Dichters zu dieser<br />

Gottheit. Die folgenden Betrachtungen wollen <strong>nicht</strong> den Anspruch<br />

erheben, diesen Mangel zu ersetzen. Sie haben ein begrenzteres<br />

Ziel. Ich möchte lediglich einige der wichtigsten Züge in Erinnerung<br />

bringen, die an Hölderlins Dionysosbild zutage treten, um<br />

mich dann einem Gedicht zuzuwenden, in dem, wie mir scheint,<br />

Dionysos gleichfalls eine entscheidende Rolle spielt, ohne dass man<br />

dies jedoch bisher erkannt hat. Was ich also recht summarisch zunächst<br />

über Hölderlins Verhältnis zu Dionysos überhaupt vorzubringen<br />

gedenke, soll im wesentlichen dienen als Grundlage zur<br />

Interpretation jenes Gedichts.<br />

Wenn Hölderlin <strong>von</strong> Göttern sprach, so stellte er sich in bewußten<br />

Gegensatz zu Gepflogenheiten seiner Zeit. Er sprach <strong>von</strong> den<br />

Göttern nur mit heiligstem Ernst, er rief eine Gottheit nur an, wenn<br />

ihn inneres Erleben in ihren eigensten Wirkungsbereich geführt<br />

hatte. Den Dichtern seiner Zeit dagegen warf er vor, sie trieben mit<br />

ihren freigebigen, aber unverpflichteten Bezugnahmen auf die antiken<br />

Götter nur ein frevles, ein, wie er sagte, »scheinheiliges« Spiel. 1<br />

Eine zutiefst in seinem Wesen begründete Gewissenhaftigkeit bestimmte<br />

Hölderlin auch auf diesem Gebiet. Es ist jene Gewissen-<br />

Vgl. DIE SCHEINHEILIGEN DICHTER; DICHTER BERUF v. 39.<br />

135

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