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Ihr kennt eure Bibel nicht! - von Katharina Mommsen

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in Georges TAFEL gleich ist und vor allem auch das nämliche bezeichnet.<br />

Sowohl Nostradamus wie George veranschaulichen mit<br />

der Metapher <strong>von</strong> dem zu reinigenden Spukhaus ihre Prophetie:<br />

den Wechsel <strong>von</strong> schlimmer zu besserer Zeit. Durch das Übereinstimmende<br />

der Wendung vom »maison salubre« mit »ins reine<br />

haus« wird der Zusammenhang evident. Dass es bei Nostradamus<br />

'Träume' (songes) sind, die das Reinigungswerk vollbringen, steht<br />

Georges Denkart ganz nahe. Nach Georges Überzeugung sind es<br />

ja die Träume des Dichters, die eine Reinigung der Welt bewirken<br />

und damit - GEHEIMES DEUTSCHLAND v. 26 - »Neuen raum in den<br />

raum« schaffen, eine Heimstatt für die Wiederkehr des Menschlichen,<br />

der Seele.<br />

In dem verwirrenden Labyrinth der Nostradamischen CENTURIES<br />

- das zeigen die besprochenen Anklänge zur Genüge - findet sich<br />

manche mit Georges Vorstellungen zusammenstimmende gedankliche<br />

Wendung. Auch dies mag es erklären, dass in DER SIEBENTE<br />

RING soviel <strong>von</strong> Form und Ton des Nostradamus in die TAFELN eingehen<br />

konnte. Als George im STERN DES BUNDES sein prophetisches<br />

Dichten fortsetzte, verzichtete er auf die Nostradamische Form des<br />

Quatrains. Es darf aber gesagt werden, dass zumindest ein formales<br />

Merkmal doch auch hier an Nostradamus erinnert. Der STERN<br />

DES BUNDES besteht aus insgesamt hundert Gedichten. Die Hundertzahl<br />

aber ist kennzeichnend für das Nostradamische Werk, wie<br />

schon der Titel erkennen läßt. Die 10 Bücher der CENTURIES bestehen<br />

aus je 100 Quatrains mit Ausnahme eines unvollendeten, des<br />

7. Buches. Bekanntlich liebte auch George, den Aufbau seiner Werke<br />

nach bestimmten Zahlenverhältnissen zu gestalten. In jener<br />

Regelmäßigkeit bei Nostradamus mußte ihm somit wiederum ein<br />

verwandtes Element entgegentreten. Wenn für den STERN DES BUN­<br />

DES nun die Hundertzahl maßgeblich wurde, so mag man dies noch<br />

als eine Hindeutung ansehen darauf, wie sehr auch dies Werk im<br />

Zeichen der prophetischen Sprache steht. Bestimmte doch die Zahl<br />

Hundert dasjenige Buch der Weltliteratur, das als dichterische<br />

Orakelsammlung eine Art kanonischer Geltung beanspruchen<br />

konnte: die <strong>von</strong> Goethe und George gleich geschätzte Sammlung<br />

der CENTURIES des Nostradamus.<br />

52<br />

Hölderlins Lösung <strong>von</strong> Schiller<br />

Zu Hölderlins Gedichten AN HERKULES und<br />

DIE EICHBÄUME und den Übersetzungen aus Ovid,<br />

Vergil und Euripides<br />

Die Gründe, die Hölderlin veranlaßt haben könnnen, seinen Jenaer<br />

Aufenthalt Ende Mai 1795 plötzlich abzubrechen und in die<br />

Heimatstadt Nürtingen zurückzukehren, sind oft diskutiert worden.<br />

Viele Anzeichen schienen darauf hinzuweisen, dass auf jeden<br />

Fall eine krisenhafte Zuspitzung in dem persönlichen Verhältnis<br />

zu Schiller hierbei eine große Rolle spielte. Es schien dies, wenn<br />

auch <strong>nicht</strong> das einzige, so doch ein besonders gewichtiges Motiv<br />

gewesen zu sein für das, was man die "Flucht aus Jena" genannt<br />

hat. Jene Krise, so nahm man an, sei entstanden aus einem bei<br />

Hölderlin immer stärker werdenden Gefühl der Unterlegenheit,<br />

der Minderwertigkeit im Umgang mit Schiller. Grundsätzliche<br />

Meinungsdifferenzen zwischen beiden Dichtern ließen sich gleichfalls<br />

leicht aufzeigen. Man weiß, mit welcher Leidenschaft Hölderlin<br />

sich dagegen auflehnte, wenn im Zusammenhang mit Kunst,<br />

mit Dichtung <strong>von</strong> "Spiel" gesprochen wurde, wie Schiller das getan<br />

hatte in seinen BRIEFEN ÜJlER DIE ÄSTHETISCHE ERZIEHUNG DES MEN­<br />

SCHEN (1795). Doch glaubte man vor allem aus vielen Hölderlinschen<br />

Äußerungen - brieflichen und auch dichterischen - schließen<br />

zu können, dass eben jenes intensive Gefühl des Größenunterschiedes<br />

zwischen dem älteren berühmten Mann und dem jüngeren,<br />

noch ruhmlosen, die Lage für Hölderlin unerträglich gemacht hat. 1<br />

Eine ganz andere Auffassung indessen vertritt einer der besten<br />

Kenner Hölderlinscher Lebensverhältnisse, Adolf Beck. Ihm zufolge<br />

wäre in einem frühen Hervortreten der Krankheit, einem "er-<br />

Vgl. Hans Heinrich Borcherdt, Schiller und die Romantiker, Stuttgart 1948, 5.114 H.<br />

Pau l Raabe, Die Briefe HölderIins. Stuttgart 1963. S. 112 f.<br />

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