Probekapitel [.pdf - ca. 5233 kb] - Minerva KG Gude
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368 Kapitel 15 Unterarm<br />
Abb. 15.60. Typische Wulstfraktur (metaphysärer Stauchungsbruch)<br />
des distalen Radius, den sich ein 3-jähriger Junge bei einem<br />
Sturz auf die Hand zuzog. Initial kann die Fraktur nur schwer erkannt<br />
werden (Pfeil). Therapeutisch werden Kinder, deren Fraktur<br />
nicht sicher erkannt wurde, ruhig gestellt und nach einer Woche<br />
klinisch kontrolliert. Die Ruhigstellungszeit für die metaphysäre<br />
Stauchungsfraktur beträgt 3 Wochen. Altersabhängig ist eine<br />
frühere Gipsabnahme möglich<br />
Diagnostik<br />
Zur Diagnostik der distalen Unterarmfrakturen werden<br />
Röntgenaufnahmen in 2 Ebenen durchgeführt. Die<br />
Diagnose kann bei undislozierten oder auch spontan reponierten<br />
Epiphysenlösungen schwierig sein. Denn auch<br />
die sekundäre Diagnostik erbringt bei ideal stehenden<br />
Frakturen durch das Fehlen der periostalen Abstützung<br />
keinen Nachweis einer Fraktur (Abb. 15.60). In diesen<br />
Fällen sind eine Ruhigstellung des Unterarms und klinische<br />
Verlaufskontrollen ausreichend. Zu diesem Zeitpunkt<br />
halten wir zusätzliche Röntgenaufnahmen für<br />
überflüssig. Werden nach einer Woche noch Schmerzen<br />
angegeben, so wird der distale Unterarm insgesamt<br />
3Wochen ruhig gestellt. Nur wenn dann über das tolerable<br />
Maß hinaus noch Schmerzen bestehen, fertigen<br />
wir erneut Röntgenbilder an bzw. leiten weitere diagnostische<br />
Schritte ein.<br />
Dislozierten Frakturen des distalen Unterarms können<br />
zu Nervenkompressionen und daraus resultierenden<br />
Parästhesien führen, die sich jedoch nach erfolgter Reposition<br />
spontan bessern. Das bei einigen Frakturen zu<br />
Tabelle 15.4. Maximal tolerable<br />
altersabhängige Fehlstellungswerte<br />
in der Primärtherapie der<br />
distalen Radiusepiphysenlösungen<br />
im Wachstumsalter. Bei<br />
Überschreitung empfehlen wir<br />
die Reposition<br />
beobachtende Pronatorzeichen entsteht durch subperiostale<br />
Blutungen, die das Periost und das darüber liegende<br />
Fettgewebe sowie den M. pronator teres einengen.<br />
Therapie<br />
Bei den metaphysären Frakturen einschließlich der Epiphysenlösung<br />
ist das Ziel der Therapie, sowohl funktionelle<br />
als auch kosmetische Deformitäten zu vermeiden<br />
(v. Laer 2001). Da es sich um extraartikuläre Frakturen<br />
handelt, muss die achsengerechte Redression nicht um<br />
jeden Preis angestrebt werden. Als Behandlungsmodalitäten<br />
stehen folgende Optionen zur Verfügung:<br />
konservativ mit Integration der Spontankorrekturen,<br />
geschlossene Reposition und Gips,<br />
geschlossene Reposition mit Kirschner-Draht-Stabilisierung,<br />
offene Reposition, Osteosynthese,<br />
Gipskeilung; beachte: Dies ist nur möglich bei entsprechend<br />
geschultem Personal und die Weiterbehandlung<br />
des Patienten in derselben Institution!<br />
Kirschner-Draht-Stabilisierung, Platte bei Adoleszenten;<br />
Jansky et al. 1994; Jones u. Weiner 1999; Ostermann<br />
et al. 1999; Shea et al. 1997; Tabelle 15.4, Tabelle<br />
15.5, Tabelle 15.6).<br />
Alle primär undislozierten stabilen Frakturen werden<br />
im Unterarmgips/-schiene ruhiggestellt (Chess et al.<br />
1994). Geschlossene Gipse müssen gespalten werden<br />
und sind um den 6.–8. Tag zirkulär zu schließen bzw. die<br />
Anlage eines geschlossenen Scotch Cast ist möglich.<br />
Generell polstern wir alle Gipse – im Gegensatz zur<br />
konservativen Frakturenbehandlung im Erwachsenenalter<br />
–, denn die Polsterung erleichtert die Gipsabnahme.<br />
Unnötig dicke Polsterlagen sind zu vermeiden.Weiterhin<br />
muss beim Gipsanlegen darauf geachtet werden,<br />
dass dieser nicht die Finger einengt und gut anmodel-<br />
Tabelle 15.5. Maximale tolerable altersabhängige Fehlstellungswerte<br />
in der Primärtherapie für distale metaphysäre Biegungs- und<br />
Stauchungsfrakturen im Wachstumsalter<br />
Alter Achsabweichung (in Grad) nach<br />
[Jahre]<br />
Palmar/dorsal Radial/ulnar<br />
0–3 10–25 15–20<br />
>3–6 10–20 10–15<br />
>6–10 10–15 10–14 6–10 10–15 10–14