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PDF 1.6MB - Das Mahabharata - Pushpak

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Der König, der die Verhältnisse oder Grenzen bezüglich Territorium, Gewinn, Verlust,<br />

Reserven, Bevölkerung und Bestrafung nicht kennt, kann sein Königreich nicht lange<br />

erhalten. Wer aber das Wissen darüber erwirbt, der findet auch das Wissen über Tugend<br />

und Wohlstand (Dharma & Artha), und kann sein Königreich bewahren. Ein König sollte nicht<br />

unwürdig handeln und denken, daß ihm das Königreich für immer gehört, weil Tyrannei<br />

königlichen Wohlstand zerstört, wie das Alter die Schönheit. So verschlingt ein Fisch in<br />

seiner Begierde den Eisenhaken, der im Innern von verlockender Speise verborgen ist, ohne<br />

die Motivation der Tat und ihre Folgen zu bedenken. Wer nach Wohlergehen sucht, sollte nur<br />

das zu sich nehmen, was er ertragen und verdauen kann, und was verdaut, ihm schließlich<br />

zum Nutzen gereicht. Wer unreife Früchte von einem Baum abreißt, kann ihren<br />

wohlschmeckenden Saft nie gewinnen und verdirbt darüber hinaus ihre Samen. Wer aber<br />

eine reife Frucht zur rechten Zeit erntet, genießt ihren Saft und kann aus ihrem Samen<br />

wieder neue Früchte wachsen lassen. Wie die Biene den Honig sammelt, ohne die Blumen<br />

zu zerstören, so sollte ein König die Steuern von seinen Untertanen einnehmen, ohne sie zu<br />

verletzen. So sollte man auch die Blumen pflücken, ohne die Pflanzen zu zerstören, wie ein<br />

Blumenhändler, aber nicht wie ein Hersteller von Holzkohle.<br />

Was geschieht mit mir, wenn ich es tue? Was geschieht mit mir, wenn ich es nicht tue? Dies<br />

bedenkend, sollte man entweder die Tat vollbringen oder vermeiden. Alle Taten, in denen<br />

sich die individuelle Anstrengung als unfruchtbar erweisen wird, sollten nicht angefangen<br />

werden. Denn wie die Frauen keinen Eunuchen als Mann haben möchten, so wünscht sich<br />

das Volk keinen Herrscher, dessen Wohlwollen unfruchtbar und dessen Zorn kraftlos ist. Der<br />

kluge Mensch zögert nicht bei solchen Taten, die nützlich sind und mit wenig Aufwand<br />

ergiebige Früchte bringen. Der König, der alle mit aufrichtigen und liebenden Augen<br />

betrachtet, gewinnt die Zuneigung seiner Untertanen, selbst wenn er schweigend sitzt.<br />

Verlange nicht vom blühenden Baum, daß er bereits reife Früchte trägt. Und wenn die<br />

Früchte wachsen, dann bewache ihn gut, und erblicke in den unreifen Früchten bereits die<br />

zukünftig reifen Früchte. Wenn er auf diese Weise handelt, wird ein König nie geschwächt<br />

werden. Die Menschen sind immer dem geneigt, der auf allen vier Wegen angenehm ist,<br />

nämlich mit Herz, Augen, Worten und Taten. Wen alle Wesen fürchten, wie die Tiere einen<br />

Jäger, der wird seine Herrschaft bald verlieren, selbst wenn er die ganze Erde bis zu den<br />

Meeren gewonnen hätte. Wie der Wind einen Berg Wolken zerstreut, so zerstört ein<br />

unheilsam handelnder Mensch durch seine eigenen Taten das Königreich, daß ihm von<br />

seinen Vorfahren übergeben wurde. Die Mutter Erde, die voller Reichtum ist, fördert den<br />

Wohlstand jenes Königs, der Gerechtigkeit übt, wie sie seit alters her von den Guten<br />

praktiziert wird. Aber wenn der König die Moral zurückweist und ungerecht handelt, dann<br />

zieht sich die Erde in sich zurück, wie ein Stück Leder, das ins Feuer geworfen wird.<br />

Die gleiche Kraft, die man zur Eroberung eines feindlichen Königreiches aufwenden müßte,<br />

sollte auch zur Unterhaltung des eigenen Königreiches aufgebracht werden. Tugendhaft soll<br />

ein Königreich erworben werden, und tugendhaft soll es regiert werden. Der Wohlstand, der<br />

auf dem Fundament von Tugend und Gerechtigkeit steht, kann einmal gewonnen, nie wieder<br />

verlorengehen, noch wird er seinen Besitzer jemals verlassen. Man sollte aus der ganzen<br />

Welt die Wahrheit extrahieren, selbst aus dem Wahn des Verrückten und dem Geplapper<br />

von Kindern, so wie man Gold aus Erz gewinnt. Ein kluger Mensch sollte gutes Verhalten,<br />

gute Worte und gute Taten überall sammeln, wie ein Anhänger der Sila Lebensweise die<br />

Körner von der Erde aufliest. Kühe erkennen durch ihren Geruch, Brahmanen durch die<br />

Veden, Könige durch Spione und andere Menschen durch ihre Augen.<br />

Eine Kuh, oh König, die widerwillig Milch gibt, wird viel mehr gequält, als jene, die bereitwillig<br />

gibt. Was sich biegt, ohne daß es erhitzt werden muß, das wird von der Hitze verschont. <strong>Das</strong><br />

Holz, das sich von selbst biegt, wird nicht erhitzt. Der kluge Mensch, der diesem Beispiel<br />

folgt, der beugt sich vor einem Stärkeren. Denn wer sich vor dem Stärkeren beugt, der<br />

verneigt sich in Wirklichkeit vor Indra selbst. Lebende Wesen hängen von den Wolken und<br />

ihrem Regen ab, Könige von ihren Ministern, Ehefrauen haben ihre Männer als Beschützer,<br />

und die Brahmanen haben die Veden als Zuflucht. Tugend wird durch Wahrhaftigkeit<br />

bewahrt, das Gelernte durch die Anwendung, die Schönheit durch die Reinigung und die<br />

www.mahabharata.pushpak.de - 55 - <strong>Mahabharata</strong> - Buch 5, Udyoga Parva

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