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TITEL<br />

£ *1<br />

j^^^^ul^^ öl<br />

Die Lage war immer extrem<br />

schlecht, aber nie hoffnungslos<br />

in Polen, Nach über 200 Jahren<br />

sind jetzt auch die Polinnen<br />

endlich in Europa angekommen.<br />

Sie haben sich emanzipiert -<br />

auf ihre Art.<br />

Die Geschichte<br />

Bis zum Beginn von Polens Untergang<br />

im Jahre 1772 waren seine Bürger integrativer<br />

Bestandteil des damaligen Europas.<br />

1772 - 1918 begann die Teilung Polens, Polen<br />

verschwand für 123 Jahre von der Landkarte,<br />

aufgeteilt zwischen Österreich-Ungarn,<br />

Preußen und Rußland. Diesen Niedergang<br />

Polens haben eigentlich nur zehn Prozent<br />

der Bevölkerung wirklich wahrgenommen,<br />

vor allem von den ausgebildeten Adligen<br />

bzw. einer kleinen Gruppe des Bürgertums,<br />

meistens auch adliger Abstammung. Von der<br />

Struktur und von den Zielen her würde man<br />

diese Gruppe heute <strong>als</strong> Intellektuelle bezeichnen.<br />

Ihre Mitglieder haben sich auch <strong>als</strong> solche<br />

verstanden, obwohl es im 18. Jahrhundert<br />

noch gar keine abgesonderte Inteligencja<br />

gegeben hat. Der Rolle der Gebildeten,<br />

besonders derer, die in die Emigration gingen,<br />

wurde von Seiten der Polen gehuldigt,<br />

und dir intellektuellen Aufgaben wurden<br />

<strong>als</strong> Hauptfaktor der Bewahrung nationalen<br />

Bewußtseins gesehen. Es war eine Idee dieser<br />

Gruppe, daß die fehlenden staatlichen<br />

Strukturen durch patriotische Tugenden,<br />

Opferbereitschaft und nationale Verbundenheit<br />

in der Not ersetzt wurden.<br />

Foto: Sabine Wenzel, OSTKREUZ<br />

Hauptziel war zunächst, daß die breite<br />

Masse von Polen die Freiheit und Souveränität<br />

ihres Staates zurückerobern muß, sie <strong>als</strong><br />

[ lauptziel ihrer Existenz anerkennt und diesem<br />

Ziel entsprechend agiert. Beide Ziele der<br />

Intellektuellen wurden im Laufe des ig. Jahrhunderts<br />

erreicht und ausgeführt. Immer<br />

wieder erhoben sich die Polen gegen die<br />

Besatzungsmächte und kämpften mit der<br />

Waffe in der Hand um die Freiheit ihres<br />

Vaterlandes. 1795, 1831, 1848, 1863, 1918.<br />

Auch im Ausland, in Frankreich, Ungarn,<br />

Spanien, Italien, Brasilien oder San<br />

Domingo engagierten sich die emigrierten<br />

Polen in die nationalen Kämpfe und Kriege,<br />

deren Ziel, wenn auch sehr entfernt, die<br />

Minderung der einen oder anderen Besatzungsmacht<br />

war. Die patriotischen Ziele<br />

wurden über das persönliche Wohlergehen<br />

gestellt.<br />

So wurden das Nationalbild und Nationalbewußtsein<br />

der Polen in der Unfreiheit von<br />

der romantischen Intelligenz gestaltet. Die<br />

Prägung durch die Intellektuellen hatte positive,<br />

aber auch negalive Seiten. Für die Intellektuellen<br />

harten wirtschaftliche Probleme<br />

kaum eine Bedeutung. Die Verachtung alles<br />

Alltäglichen, Praktischen und Wirtschaftlichen<br />

bekam im Laufe der Zeit eine politische<br />

Erklärung: Die patriotisch Gesinnten wollten<br />

auf keinen Fall für den Wohlstand des Besatzungsstaates<br />

arbeiten. Aber auch eine unvermeidliche<br />

Möglichkeit, daß man infolge der<br />

Repressalien von einem zum anderen Tag<br />

seinen Besitz ver-lieren könnte, trug zu dieser<br />

Gesinnung bei und bewirkte eine Flucht<br />

in die geistigen und künstlerischen Werte.<br />

Nach jedem Aufstand wuchs erzwungenerrnaßen<br />

die Intelligencja: Güter wurden<br />

beschlagnahmt, Teilnehmer des Aufstandes<br />

inhaftiert, verbannt oder ausgcstoßcn. Für<br />

die Ausgestoßenen gab es kaum eine andere<br />

Möglichkeit, <strong>als</strong> in den Städten Fuß zu fassen.<br />

Daher ist der Intellektuelle immer zugleich<br />

auch ein Widerstandskämpfer gewesen, der<br />

in der Nation sehr angesehen war. Am Ende<br />

gab es aber mehr Intellektuelle <strong>als</strong> gut war.<br />

Es entstand im Ausland der abwertende<br />

Begriff von der »polnischen Wirtschaft«, weil<br />

wirtschaftliche- Belange grob vernachlässigt<br />

worden waren. Erst Fnde des 19. Jahrhunderts,<br />

im Zeitalter des Positivismus, erkannten<br />

einige Intellektuelle die Kluft zwischen ihren<br />

romantischen Idealen und dem Volk, dem<br />

sie zu neuer Identität im Staat verhelfen<br />

wollten.<br />

Die romantische Kampfeinstellung hatte<br />

mit Unterstützung und Billigung der katholischen<br />

Kirche stattgefunden. Ein wahrer<br />

Patriot war ein katholischer Patriot! Ein Pole<br />

war immer im Kampf, auch und vor allem<br />

gegen die herrschenden Staatsgesetze, die<br />

gebrochen werden durften, da sie ihm ja aufgezwungen<br />

worden waren. F.s gehört zum<br />

polnischen Selbstverständnis, lieber Verlierer,<br />

Märtyrer und Opfer zu sein, dafür aber<br />

auf der Seite der Gerechten zu stehen.<br />

Nach dem i. Weltkrieg stand die Nation<br />

vor einem Neuanfang, mit der die Umwertung<br />

aller bisherigen Werte einherging. Alles<br />

mußte nachgeholt werden, was ein funktionierendes<br />

Staatsgebilde ausmacht: eine<br />

staatliche Gesetzgebung, wirtschaftliche<br />

Richtlinien, ein ausgewogenes Finanzsystem.<br />

Die Geschichte belohnte Polen für diese Aufgabe<br />

mit zwanzig Jahren politischer Souveränität.<br />

Zu wenig, um über bedeutende Resultate<br />

sprechen zu können. Daher verstärkte da =<br />

Ergebnis leider nur den Eindruck der »polnischen<br />

Wirtschaft«. Das einzige, was sich -<br />

verständlicherweise - wunderbar entwickelte,<br />

war die Kultur: Polnische Filme,<br />

polnische Dichtung, die Bildhauerei, kurz<br />

polnische Kunst war in Europa anerkannt.<br />

Der Pole an sich<br />

Ein Pole ist in seinen eigenen Augen<br />

vor allem ein Europäer, dann ein polnischer<br />

Patriot, ein Katholik und ein Mensch der Kultur.<br />

Desgleichen ist er Romantiker, gern auch<br />

Individualist wenn nicht Anarchist, auf jeden<br />

Fall ist er jemand, der sich nicht mit der<br />

Obrigkeit arrangiert. Hin Mensch der Werle.<br />

Ein Kämpfer. Ein Querulant und Neinsager,<br />

wenn es sein muß. Vielleicht auch ein Künstler.<br />

Vor allern ein Mann. »<br />

2)1999

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