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TITEL hat. Die kosovarischen Frauen lebten seit zehn Jahren in der Angst, daß das passieren würde, was sie jetzt erlebt haben. Wenn man sie zum Beispiel auf ihre vielen Kinder anspricht, dann sagen sie:» Eins war immer für Milosevic bestimmt«. Und wenn man sie dann fragt, was sie damit meinen, sagen sie: »Wir wußten immer, daß Milosevic uns auslöschen will. Und deshalb haben wir immer ein Kind mehr bekommen, weil wir dachten, eins bringt er sicher um«. Ich habe auch einen alten Mann getroffen, der sagte: »Das Schrecklichste an der ganzen Geschichte ist, daß wir immer gesagt haben, daß das passieren wird, und niemand hat uns gehört«. Und jetzt ist alles noch viel schrecklicher gekommen, als man es sich in der Phantasie hätte vorstellen können. Also deshalb Holocaust, Apokalypse? Irgendwann beschreiben die Worte nicht mehr das, was die Menschen erlebt haben. Milosevic hat sie aus ihrem Land vertrieben und zwar so, daß sie wissen, dorthin können sie nie mehr zurückkehren, und er hat ihnen sämtliche Papiere wegnehmen lassen, jedes noch so kleine Fitzelchen, auf denen ihr Name oder Geburtsdatum stand. Sie haben noch nicht einmal mehr eine Identität. Nach dem Bosnienkrieg hieß es, die Heilung der kriegstraumatisierten Frauen wäre nur dann möglich, wenn in Den Haag ausgesprochen werde, was geschehen ist. Am 12. April wurde wieder ein Kriegsverbrecherprozeß gegen zwei Kroaten in Den Haag eröffnet Wie schätzen Sie den Erfolg des Tribunals nach sechs fahren Arbeit ein? Dario Kordic, einer der jetzt Angeklagten, war einer der Kriegsverbrecher, der in Bosnien wütete, während wir in Zenica unser Zentrum aufbauten. Nur 20 Kilometer von uns entfernt. Zu uns kamen damals sehr viele Kroatinnen und Muslirninnen, die durch ihn und seine Schergen Gewalt erlebt haben. Insofern ist Kordic einer der Männer, von denen ich immer gehofft habe, daß er nach Den Haag kommt und für das verurteilt wird, was ich praktisch live durch jene Frauen miterlebt habe. Und wie denken die betroffenen Frauen darüber? Im Endeffekt hat Anto Furundzija, um dessen Prozeß herum wir im letzten fahr eine große Kampagne gestartet hatten, zehn Jahre gekriegt, was absolut richtig ist. Aber der Weg dahin war sehr schmerzhaft für die einzige Zeugin. Ihre Glaubwürdigkeit wurde in Zweifel gezogen. Sie mußte sich von ihrer Diagnose distanzieren und dann in Den Haag ein zweites Kreuzverhör über sich ergehen lassen. Sie mußte sagen: »Ich bin nicht traumatisiert, und ich habe keine Therapie gemacht«. Und das ist wirklich eine ganz großes Armutszeugnis für den Verlauf des Tribunals, daß Frauen es nötig haben, sich von ihrer Geschichte zu verabschieden, anstatt sagen zu können: »Natürlich bin ich traumatisiert, aber das, was ich erlebt habe, das bin ich, wer wäre denn da nicht traumatisiert. Das ist mir passiert und da sitzt der Mann, der das getan hat. Punkt.« Hatte sich also bis dieser läge nicht längst schon wieder das große Schweigen über die an den Frauen ausgeübte Gewalt ausgebreitet? Das sind zwei verschiedene Dinge. In Bosnien und weltweit hat sich über die Bosnierinnen das Schweigen ausgebreitet, absolut. Und wenn ich sehe, wie sich jetzt die Medien auf uns und die Frauen stürzen, denke ich schon wieder, was wird in einem Jahr sein? Wer wird uns noch Geld geben, damit wir das Projekt weitermachen können, sowohl in Bosnien als auch jetzt im Kosovo und in Albanien? Wer wird dann noch über die Frauen reden? Jetzt will man nur möglichst viele Details über die Vergewaltigungen wissen. In Den Haag gibt es hingegen Leute, die wirklich bemüht sind, die Dimensionen der sexualisierten Gewalt darzulegen. Aber es sind Fehler gemacht worden, zum Beispiel, daß jene Zeugin keinen rechtlichen Beistand hatte, während der Kriegsverbrecher mit einem Verteidiger dasaß, der mit allen Wassern gewaschen war und mit allen juristischen Mitteln versuchte, die Zeugin zu demontieren. Es gibt im Amerikanischen das Wort vom fair trial gegenüber dem Angeklagten, aber wie steht es um die Opfer dieser Kriegsverbrecher, was ist mit ihrem fair trial? Da sind wir noch nicht weitergekommen. Wir haben Briefe nach Den Haag geschrieben, weil wir als Projekt auch unmittelbar betroffen sind, weil wir zum Beispiel die psychologischen Unterlagen über diese Frau rausgeben mußten. Das ist ein großes Problem. Wie können unsere Klientinnen noch Vertrauen zu uns haben, wenn uns Den Haag dazu zwingt, ihre Unterlagen herauszurücken? Dieser Umstand, und daß die Frauen keinen Rechtsbeistand haben sowie die Verteidigungsstrategie, die Zeuginnen zu demontieren, empfinden wir als äußerst sexistisch, zumal die Richter dieser Strategie folgen. Mit Männern ist so etwas noch nie vorgekommen. Die Serben und Kosovo-Albaner beschuldigen sich bereits seit ungefähr 15 Jahren gegenseitig, die einen würden die Frauen der anderen vergewaltigen, wobei immer die einen schlimmer als die anderen sein. Was ist daran wahr? In den 8oer Jahren ist da eine große Propagandamaschine in Bewegung gesetzt wurden, in der behauptet wurde, die Kosovo- Albaner hätten aus nationalistischen Motiven Serbinnen vergewaltigt. Dazu kann ich als Feministin nur sagen, es wird sicher Kosovo- Albaner gegeben haben, die Serbinnen vergewaltigt haben, so wie deutsche Männer meinetwegen italienische Frauen vergewaltigen. Darüber müssen wir nicht diskutieren. Aber was in den 8oer Jahren über die nationalistische Propaganda gegen die Kosovo-Albaner gelaufen ist, war reine Hetze unter dem Motto »Unsere reinen serbischen Frauen werden von den dreckigen Kosovaren vergewaltigt«. Es gab aber nie Zahlen dazu, die diese Vergewaltigungen belegten. Nach allen Belegen muß man sagen, daß damals die Gewalt gegenüber Frauen zu nationalistischen Zwecken instrumentalisiert wurden. Nach Angaben der UNO befinden sich $5.000 Schwangere unter den Flüchtlingen aus dem Kosovo, mit 700 Geburten pro Monat wird gerechnet: Seit etwa zwei Wochen stellen die UNO in Albanien Erste-Hilfe- Pakete für Geburten bereit Für die zwei bis fünf Prozent hochgerechneten Vergewaltigungsopfer gibt es die »Pille für den Morgen danach«, um ungewollte Schwangerschaften zu verhindern. Sind das die richtigen Sofortmaßnahmen? Es wird ganz bestimmt zu vielen Frühgeburten kommen. Man spricht in solchen Fällen von streßbedingten Frühgeburtsbestrebungen. Da ist es sicherlich gut, wenn für diese Frauen Erste-Hilfe-Pakete bereitstehen. Ich habe diese Pakete in Tirana auch selbst gesehen und bei der schlechten Infrastuktur der albanischen Krankenhäuser, sind die sehr wichtig. Was die Pille danach betrifft, so ist klar, daß die ohnehin nur bis zu 48 Stunden nach dem Geschlechtsverkehr funktioniert. Wenn man die Lage vor Ort auch nur ein bißchen realistisch einschätzt, wird man sich vorstellen können, daß keine Frau innerhalb von 48 Stunden in den Genuß dieser Pille kommt. Außerdem wird keine Kosovo-Albanerin nach Albanien fliehen und sagen, ich hätte gerne die Pille für danach. Das ist völliger Quatsch. Die UNFPA, die UNO-Organisation, die die Pakete und die Pillen ins Land bringt, hat ganz andere Motive. Man will die Gesundheit der Flüchtlingsfrauen » 2)1999
TITEL mit Verhütungsmitteln insofern schützen, daß die Frauen jetzt in dieser Situation nicht schwanger werden, nicht durch Vergewaltigung, sondern generell. Und das finde ich sehr sinnvoll. Denn in einer solchen Situation schwanger zu werden, bedeutet eine enorme Zusatzbelastung für eine Frau. Es verringert ihre Lebenserwartungen und die des Ungeborenen. Außerdem finde ich es gut, daß endlich mal an solche Mittel gedacht wurde. Wir haben das in Bosnien erlebt, daß zwar Medikamente ins Land gebracht wurden, aber an gynäkologische Medikamente wurde nie gedacht. Es geht hier also überhaupt nicht um die Vergewaltigungen, das ist eine rein reißerische Geschichte. Adona@KobOvo Was Ende Set/:; ,: ;,:^.-.'s per Züfai: ! sches t'ncit. !;:.,iyr :;.- rs i iVk-rutt? ia;. in San Francs. .,, ä.^ilr-.-mien [. IVrai; Albanerin, b?^ tl-e ••..-.-•ititvJu?;^ A L£ . ufn.i ut'i;, ijitiM/i vo'-JiVi gthesrn. IH'h!.i''U) ,j.äüij!|i eine Bombenexplosion im Zentrum, nahe dem Platz, wo wir Jungendlichen immer hingehen.« »Hallo Finney, ich denkt, Dirgehtsgut. Und sei nicht besorgt, Deinem Finger geht es bestimmt bald besser. Okay Finney (ich nenne Dich gerne so), habe ich Dir gesagt, daß ich nicht-praktizierende Muslimin bin, und weißt Du warum? Wenn die Türken meine Urgroßeltem nicht gezwungen hätten, zum Islam überzutreten, wäre ich heute vielleicht Katholikin oder orthodox. Ich glaube schon, daß Religion eine gute und reine Idee ist, ich denke auch, viele Leute furchten Gott und glauben, daß es da eine ändert Welt gibt nach unserem Tod, die sie abschreckt, Schlimmes zu tun. Aber ich persönlich stimme mit Descartes überein; Gott ist eine Erfindung des menschlichen Gehirns. Und nur, um es Dir zu sagen: Deine E-Mails langweilen mich überhaupt nicht, ich lese sie total gerne. Ich höre gerne etwas über Euer Leben und ich bin wirklich glücklich, irgendwo einen Freund zu haben, mit dem ich reden kann. Bye, Adona.« »Liebster Finney, wie hast Du Deine Klausuren gemeistert? Was die Musik angeht; Ich mag die Stones, Saat, Jewel, Cher und andere. Bonjovi, Beatles und REM sind meine Favoriten. Ich stehe nicht nur auf eine Art von Musik, und ich tanze auch sehr gern. Du kannst Dir gar nicht vorstellen, wie gern ich zu einer Party gehen würde, verreisen oder so. Ich muß Dir sagen - manchmal ist es beängstigend. Wenn ei bedrohlich wird, sitzt die ganze Familie zusammen, und wir überlegen, wo wir im Ernstfall
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