Download Innenteil als PDF - Weibblick
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M o n i-<br />
Solcherart Hokuspokus ist dem Wissenschaftler<br />
Uwe l lohohm ein Graus. Der Zellbiologe<br />
und ßioinformatiker versucht, die<br />
Wirkung des Urins auf der immunologischen<br />
Ebene rein rational zu erklären, denn<br />
»es geht hier nicht um eine Zauberflüssigkeit«.<br />
Durch das Trinken der Ausscheidung<br />
würden »dem Körper vorhandene Antigene<br />
über den Magen ein zweites Mal präsentiert,<br />
und das kann eine lmmunstimulation auslösen«.<br />
Beeindruckt von den Fallberichten in<br />
Carmen Thomas' Buch begann er vor drei<br />
Jahren Fragebögen an Patienten und Rehandler<br />
zu schicken und Erfahrungsberichte zu<br />
sammeln. Obwohl er viele Zusendungen <strong>als</strong><br />
»nicht glaubhaft« aussortieren mußte, ist er<br />
von den Behandlungserfolgen verblüfft. »Die<br />
Leute wenden Urin bei allen möglichen Infekten<br />
und Leiden an, und es gibt tatsächlich<br />
einige erstaunliche Erfolge." Nach seiner vorläufigen<br />
Auswertung wirkt Eigenurin sehr gut<br />
bei Darinpilzen, Neuroderrnitits, Heuschnupfen<br />
und anderen Allergien, l lobohrn ist sicher,<br />
daß sich das möglicherweise vorhandene Heilpotential<br />
im Tierversuch leicht untersuchen<br />
ließe. Doch welcher seriöse Wissenschaftler<br />
will schon mit »Natursekt« experimentieren?<br />
l lobohm: »Da will sich keiner den Ruf ruinieren«.<br />
Sollte sich das Heilpotential bestätigen.<br />
dann, so glaubt der Biologe, könnte man den<br />
Urin zeitgemäß und hygienisch aufbereiten,<br />
von Ammoniak und gelbem Farbstoff befreien<br />
und so die Ekelsclmelle senken.<br />
31-53<br />
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Nicht wenige Urinanhänger würden dies<br />
vermutlich <strong>als</strong> Verfremdung und Zerstörung<br />
begreifen. Für sie ist die Urintherapie auch<br />
ein Stück Entdeckung des eigenen Körpers,<br />
die Rückkehr zum Einfachen, Natürlichen<br />
und Unverfälschten. Gegenüber der Hochleistungs-<br />
und Apparatemedizin, gegenüber<br />
Betablockern und monoklonalen Antikörpern<br />
erscheint das eigene güldene Rinnsal<br />
vertraut und milde und individuell /ugeschnitten<br />
wie kein anderes Medikament. So<br />
findet die Irritation über die ungeheuer erfolgreiche,<br />
aber auch <strong>als</strong> bedrohlich und anonym<br />
empfundene moderne technologische Medizin<br />
ihren Ausdruck in der Begeisterung<br />
für den Schluck aus der körpereigenen<br />
Apotheke. Mag der Ekel noch so groß sein.<br />
* Name von der Redaktion geändert, alle andeirn<br />
Nattit-n sind autktntii>th.<br />
Ungefähr die Hälfte des Hintergrundes<br />
belegt ein schneeweißes Tuch, die andere<br />
Hälfte ein saftiger Rasen mit vereinzelten<br />
Sonnensprenkseln. Das Tischtuch ist gedeckt.<br />
Mit Äpfeln und violetten und grünen Weintrauben<br />
auf weißen Tellern, drei bernsteinmarmorierten<br />
Plastikkaffeetassen, Besteck,<br />
einem Edelstahlflachmann im gelben Lederetui,<br />
einer silbernen, aufgeschlagenen und<br />
spiegelnden Dose mit einem Baguette darauf<br />
und einem kleinen Strauß gerade gepflückter<br />
Kleeblümchen. Wo nichts steht, bauscht das<br />
kräftige Gras das Tuch. Stimmung überall,<br />
die Musik aus dem alten Grammophon am<br />
rechten oberen Bildrand glaubt man beinahe,<br />
hören zu können.<br />
Auf diesem Bild gibt es aber auch noch<br />
zwei Frauen, lasziv gelagert zum Teil auf dem<br />
weißen Tuch und zum Teil auf der grünen<br />
Wiese. Aufgestützt auf ihrem Ellenbogen,<br />
beschäftigt sich die mit den in den Spitzen<br />
gelockten kurzen, blonden Haaren, dem<br />
weißen Spitzentop und der schwarzen Seidenhose<br />
mit der Frau mit den brünetten Haaren<br />
im goldenen, mit großen Blumen applizierten<br />
Maxitträgerkleid, die rücklings liegend<br />
den Kopfdirekl im Schofs der anderen gebettet<br />
hat. »Picknick, Long Island« nennt Ellen<br />
von Unwerth ihre Fotografie, tatsächlich ist<br />
es aber eine weitere Variante auf F.duard<br />
Manets »Frühstück im Grünen«, das seit<br />
seiner öffentlichen Präsentation im 19. Jahrhundert<br />
Generationen von Malern und Fotografen<br />
zu den unterschiedlichsten Interpretationen<br />
herausgefordert hat. Bis heute.<br />
Ellen von Unwerth, seit Mitte der 8oer<br />
Jahre so etwas wie ein Shootingstar der Modefotografie,<br />
nachdem sie nach 10 Jahren erfolgreicher<br />
Modelkarriere die Seite der Kameralinse<br />
gewechselt hatte, wird gerne <strong>als</strong> die Fotografin<br />
mit dem »weiblichen Blick« gehandelt.<br />
Selbst der Spifgrl, dem man in Sachen Mode.<br />
Fotografie und einem Blick für diese Dinge<br />
nicht gerade viel zutraut, /eigte anhing letzten<br />
Jahres ein Bild von Ellen von Unwerth mit der<br />
Unterzeile »Frauen-Blick«. Als Pendant mußte<br />
mit dem »Männer-Blick« Helmut Newton herhalten.<br />
Betrachtet man noch einmal Ellen von<br />
Unwerths »Picknick«, müßte man allerdings<br />
konsequenterweise vom »feministischen<br />
Blick« sprechen. Denn sind beim Impressionisten<br />
Manet die Rollen noch auf zwei an-<br />
/|1999