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• • •» KOMMENTAR '•• ••<br />

Die Haltung der US-Amerikanerinnen<br />

zum NATO-Einsatz beschreibt<br />

aus New York Katia Davis<br />

Die Amerikaner unterstützen in überwältigender<br />

Mehrheit den Einsatz der Nato in<br />

Jugoslawien. Von Linken über Liberale bis<br />

hin zu Konservativen herrscht ausnahmsweise<br />

absolute Einigkeit.<br />

Als Grund für die Zustimmung führt<br />

man die von den Serben durchgeführten<br />

ethnischen Säuberungen gegen die Kosovo-<br />

Albaner an. Die Verantwortung an der Katastrophe<br />

in der Region wird dem <strong>als</strong> Diktator<br />

und Völkermörder bezeichneten Slobodan<br />

Milosevic gegeben. Es wird darauf hingewiesen,<br />

daß sein bisher sowieso schon autoritäres<br />

System sich nun vollends in ein totalitäres<br />

System verwandelt hat, welches die Medien<br />

kontrolliert und mit deren Hilfe eine unvergleichliche<br />

demagogische Kampagnie führt.<br />

In den USA forderte man gerade von Seiten<br />

der linken und Linksliberalen seit Jahren<br />

i'irie eindeutige Haltung der Regierung<br />

gegen Milosevic und ein Eingreifen der Nato.<br />

Amerikanische Beobachter von humanitären<br />

Organisationen und progressive politische<br />

Analytiker sind seit dem Krieg in Bosnien<br />

ununterbrochen in den Krisengebieten und<br />

informieren die Öffentlichkeit, den Congress<br />

und die Clinton-Regierung regelmäßig über<br />

die Situation und die Gefahren einer Ausweitung<br />

der Krise. Der größte Vorwurf war bisher<br />

stets gegen das Prinzip des Wegsehens und<br />

die dadurch laue Aufsenpolitik gerichtet.<br />

Vor allem aber kritisierte man die unbeteiligte<br />

und abwartende Einstellung der europäischen<br />

Staaten.<br />

Nach dem Desaster des Vietnamkrieges<br />

machen es sich die Amerikaner und unter<br />

ihnen besonders politisch Progressive nicht<br />

leicht mit Entscheidungen über eine Einmischung<br />

in die Belange anderer Lander. Doch<br />

in diesem Falle fühlt das gesamte Spektrum<br />

politischer Richtungen die moralische Verpflichtung,<br />

das Blutbad inmitten Europas mit<br />

Gewalt zu beenden. Die einzig Zögernden<br />

oder sogar Gegner einer amerikanischen<br />

Beteiligung am Nato-Einsatz waren in den<br />

USA nur die Rechtskonservativen und<br />

extrem Rechten. Ihnen ist der Balkan keine<br />

amerikanischen Menschenopfer wert.<br />

Ül>er das Für und Wider einer Einmischung,<br />

über historische Lehren aus dem<br />

Holocaust und dem von den Deutschen<br />

angezettelten 2. Weltkrieg sowie dem viel zu<br />

späten Fintritt der USA in den Krieg, über<br />

fehlende Aktionen in Kambodscha und<br />

Ruanda und die schwachen Proteste bisheriger<br />

amerikanischer Regierungen gegen Menschenrechts-<br />

und Völkerrechtsverletzungen<br />

gab es in den vergangenen ]ahren mehr und<br />

mehr Diskussionen in der Öffentlichkeit.<br />

Nicht nur sind große Schichten der Bevölkerung<br />

an politischen und sozialen Problemen<br />

im In- und Ausland interessiert, sie engagieren<br />

sich auch in unzähligen Grass-roots-Organisationen.<br />

Besondere Aufmerksamkeit verdienen die<br />

qualitativ guten Informationsmöglichkeiten,<br />

Die durch den nicht zu unterschätzenden<br />

Einfluß von unabhängigen Medien ermöglicht<br />

werden. Dazu gehören die ausgezeichneten<br />

Programme der landesweit 520 Sender<br />

des liberalen National Public Radio (Öffentliches<br />

Radio) mit über 16 Millionen Hörern,<br />

der ehem<strong>als</strong> trotzkistische und jetzt immer<br />

noch linksradikale Sender Radio Pacifika mit<br />

ebenfalls ein paar Millionen Zuhörern im<br />

ganzen Lande, öffentliche Fernsehsender<br />

(wie auch die Rundfunkanstalten allein von<br />

den Bürgern finanziert) sowie eine große<br />

Anzahl linker und progressiver Zeitschriften<br />

mit hohem intellektuellen Anspruch. Die<br />

auch auf dem Internet erscheinende linke<br />

Zeitschrift »Mother ]ones« veröffentlicht<br />

gegenwärtig Meinungen und Analysen der<br />

gegensätzlichsten Art zu der Katastrophe<br />

in Kosovo. Doch sie alle kommen zu der<br />

Schlußfolgerung, man müsse den Nato-Finsatz<br />

unterstützen. Die Herausgeber schreiben<br />

in einer Stellungnahme, daß sie alle es sich<br />

sehr schwer gemacht haben, einen Krieg im<br />

Kampf gegen Inhumanität zu unterstützen.<br />

Doch die Fakten führten unumgänglich zur<br />

Notwendigkeit solch einer intellektuellen<br />

und praktischen Entscheidung. Das Argument,<br />

warum jetzt ein Eingreifen, wenn man<br />

in früheren Krisenherden an anderen Plätzen<br />

der Welt nichts getan habe, wird verworfen.<br />

Wenn man so denke, könne man nie eine<br />

neue Menschenrechts-Potitik beginnen. Und<br />

selbst Fehler wären besser <strong>als</strong> Tatenlosigkeit.<br />

Internationale Solidarität wird angestrebt<br />

und man hofft auf eine neue, die Menschenrechte<br />

berücksichtigende Sicherheitspolitik<br />

der USA und anderer Nato-Staaten.<br />

Die einzige grundsätzliche Kritik aus<br />

breiten Kreisen aller politischen Schattierungen<br />

betrifft die vermutete Strategielosigkeit<br />

der führenden Politiker der Mitgliedsstaaten<br />

der Nato. Zu spät habe man eingegriffen und<br />

dann die Schwierigkeiten eines solchen Einsatzes<br />

unterschätzt, heißt es. Ebenso wären<br />

sich die Politiker nicht über die Zukunft des<br />

Krisengebietes klar. Während man bei vielen<br />

Menschen Hilflosigkeit und innere Zerrissenheit<br />

gegenüber der Situation im ehemaligen<br />

Jugoslawien antrifft, bleibt jedoch niemand<br />

von den tagtäglich im Fernsehen gezeigten<br />

Bildern der albanischen Flüchtlinge und den<br />

Berichten von Massengräbern in Kosovo<br />

unberührt. Es besteht Übereinstimmung,<br />

den Opfern zu helfen und sich dafür einzusetzen,<br />

Milosevic für seine Kriegsverbrechen<br />

zur Rechenschaft zu ziehen. Allerdings fürchtet<br />

man zunehmend, daß die amerikanische<br />

Regierung und die Nato sich auf einen faulen<br />

Kompromiß einlassen könnten.<br />

Katia Davis, 51 Jahre alt.ßüchtete 1977 aus<br />

politischen Gründen aus der DDR und lebt<br />

seit 1983 in New York. Sie stammt aus einer<br />

alten und berühmten kommunistischen {•'amilic<br />

väterlicherseits. In derDDR wollte sie unter den<br />

Bedingungen der Manipulation nicht <strong>als</strong> Journalistin<br />

arbeiten und schlug so eine erfolgreiche<br />

Karriere <strong>als</strong> Rocksängerin, Texterin und Komponistin<br />

ein, die sie in der Bundesrepublik<br />

fortsetzte. Seit sieben Jahren arbeitet sie ausschließlich<br />

<strong>als</strong> Journalistin und Schrißstellerin<br />

in den USA.

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