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TITEL<br />

E i jsc h ert<br />

lfe.nl<br />

Vor knapp 10 Jahren kam<br />

Irina Panasenko mit ihrem<br />

Mann und ihren beiden<br />

Söhnen nach Berlin. Seit drei<br />

Jahren bereitet die Physikerin<br />

und Logopädin Bortsch,<br />

gesalzene Heringe und andere<br />

russische Spezialitäten in<br />

ihrem Laden-Bistro zu<br />

Text: Kerstin Decker<br />

Foto: Annett Ahrends<br />

Die Hufelandstraße ist nicht lang. Da<br />

kann ein russischer Imbiß doch nicht einfach<br />

so verschwinden. Den oberen Teil der<br />

Straße halten zwei sehr deutsche Kneipen.<br />

Rechts der »Lindenbaum«, gegenüber die<br />

»Kiezkneipe Hally-Gally«. Die »Höhne-<br />

Bestattungen« sind gleich daneben, denn<br />

jede Ekstase hat ihren Preis. »Schnell und<br />

sauber« versprich! ein benachbartes Schild,<br />

aber das gehört schon der Texril- Reinigung.<br />

Nur Irina Panasenkos Laden ist weg. Also<br />

noch einmal von unten. Jeder, den man<br />

fragt, kennt Irina Panasenko: Na dort,<br />

gleich gegenüber!<br />

Dort, gleich gegenüber wehen eine amerikanische<br />

und die Berliner Fahne. Schon<br />

seltsam, diese Osteuropäer. Aber dann das<br />

eindeutige Indiz: Gesalzene Heringe aus<br />

Rußland, 100 Gramm 0,27 DM. Hier ist es.<br />

»Karavelle« steht obendrüber. Mit dem Namen<br />

kann man eigentlich alles werden. Vor allem<br />

Hafenkneipe. Wie jede »Karavelle« ist auch<br />

diese innen ganz aus Holz, läuft hinten in<br />

ein Halbrund aus und spezialisierte sich<br />

dann doch lieberauf Süßwaren. In den Sechzigern,<br />

<strong>als</strong> es hier noch keine russischen<br />

Heringe gab. Als man noch von Läden voller<br />

Pralinenschachteln leben konnte. Als es<br />

noch alte Damen gab, mit und ohne Pudel,<br />

die regelmäßig hier einkauften.<br />

Kein Kunde im Laden. Auch nicht Irina<br />

Panasenko. Nur ihr Mann. Mit undurchdringlicher<br />

Miene hört er unsere Bestellung<br />

an und sagt, daß er gerade keine Soljanka<br />

habe, aber Bortsch wäre möglich. Also Bortsch<br />

und Pelmeni. Irina Panasenkos Mann wirkt<br />

seltsam fremd in diesem Laden, zwischen<br />

den Glasregalen, wo jetzt anstelle von Pralinenschachteln<br />

Brot und Milchtüten anmutig<br />

ausgerichtet neben russischem Honig, russischem<br />

Porzellan und einem großen Samowar<br />

stehen. Irina Panasenkos Mann sieht aus wie<br />

ein Repräsentant. Würdevoll. Es ist nicht einfach,<br />

neben gesalzenen Heringen angemessen<br />

zu repräsentieren. Aber morgen wird seine<br />

Frau endlich zurück sein. Einen Monat war<br />

sie zu Hause, in der Ukraine, Zu Hause?<br />

'!<br />

2|'999

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