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TITEL<br />

Gabriele Haenisch mit ihrem Sohn Pim, Berlin, März<br />

nichts Wunderbareres. Neben uns am Tisch<br />

saß ein junges Paar. Gregor und ich überlegten,<br />

aus welchem Fleisch der Gulasch zubereitet<br />

war, irgend jemand rief uns zu: »Pferdefleisch!«<br />

Daraufhin ließ dieses junge Paar<br />

Messer und Gabel fallen, stand auf und ging<br />

hinaus. Ich weiß nicht, was aus ihnen geworden<br />

ist. Aber sicher haben auch sie gelernt,<br />

Pferdefleisch zu essen.<br />

Am zweiten Tag bin ich zur Jugendfürsorge<br />

gegangen. Vom Bahnhof bis zur Uliza<br />

Kommunistow war es ein weiter Weg. Dort<br />

angekommen, erklärte ich unsere Lage:<br />

»Mein kleiner Junge ist durch die Fahrt<br />

sehr geschwächt, wo soll ich ihn waschen<br />

und windeln? In der Teestube? Die hygienischen<br />

Verhältnisse und die Temperaturen<br />

sind katastrophal für die Gesundheit eines<br />

einjährigen Kindes!«<br />

Man gab mir sofort eine Einweisung für<br />

eine Wochenkinderkrippe, doch vorher mußte<br />

Stefan noch von einer Ärztin untersucht<br />

werden. Fr hatte zwar keinen Durchfall<br />

mehr, aber er war noch sehr geschwächt.<br />

Gleich am nächsten Tag konnte ich ihn in<br />

die Krippe bringen. Das Haus war warm und<br />

sauber, die Kinder bekamen richtige Kindernahrung<br />

und Milch.<br />

Langsam ging uns das Geld aus, aber wir<br />

wagten nicht, gleich wieder zur MOPR zu<br />

gehen. Also beschlossen wir. etwas zu verkaufen.<br />

Von meinen Nachbarn in Moskau<br />

hatte ich schwarzen Wollstoff, aus denen die<br />

Marinemäntel hergestellt wurden, gekauft.<br />

Den trugen wir nun in ein Kornmissionsgeschäft.<br />

Auf dem Basar hätte ich viermal soviel<br />

verlangen können, wie uns im Geschäft ausgezahlt<br />

wurde, aber dazu hätte man handeln<br />

müssen, und das hatten wir noch nicht gelernt.<br />

Wir waren froh, endlich etwas »Selbstverdientes«<br />

in der Tasche zu haben.<br />

liin eigenes Zimmer in Fergana zu bekommen,<br />

war unendlich schwer. Zwar gab<br />

es immer wieder Zimmer, die von einer<br />

Kommission requiriert worden waren, aber<br />

bei der Masse von Flüchtlingen war es immer<br />

nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Hätten<br />

wir genug Geld gehabt, wir hätten sicher<br />

etwas gefunden. Die Christowaja versuchte,<br />

uns soweit wie möglich zu helfen. Sie begleitete<br />

mich zu dem Büro, in dem der Verantwortliche<br />

für die Zimmcr-verteilung safs.<br />

Der Warteraum war von Obdachlosen überfüllt.<br />

Die Christowaja wollte sich mit mir zu<br />

dem Verantwortlichen durchdrängen, denn<br />

immerhin war sie eine Beamtin. Als ich<br />

mich aber an sie klammerte, um mit ihr<br />

durchzukommen, hätte mich die Menschenmenge<br />

fast gelyncht. Als sich die<br />

Bürotür öffnete und Christowaja eingelassen<br />

wurde, schlug man mir die Tür vor<br />

der Nase umgehend zu.

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