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TITEL<br />

Gabriele Stammberger lernt schließlich<br />

Gregor Gog kennen, und er wird ihre große<br />

Liebe. Gog war in Deutschland Begründer<br />

und Vorsitzender der »Internationalen Bruderschaft<br />

der Vagabunden« gewesen und<br />

besaß eine reiche Lebenserfahrung. In der<br />

Sowjetunion hatte er in dem Film "Der<br />

Kämpfer« von Gustav Wangenheini mitgespielt<br />

und kannte Gott und die Well. Als<br />

Gabriele Stammberger ihn kennenlernt, ist<br />

er schon schwer krank. Aber immer wieder<br />

gelingt es ihm, sich zwischenzeitlich zu erholen.<br />

Am Ende hätte die Gabe von Penicillin<br />

gereicht, ihn zu retten, aber es kam anders.<br />

ut<br />

ekonunen<br />

Arn 29. 10. 1940 wird das gemeinsame<br />

Kind Stefan geboren. Ein |ahr später, Deutschland<br />

hat die UdSSR überfallen, wird die Familie<br />

nach Usbekistan evakuiert. Die Fahrt<br />

ist eine Odyssee. In Fergana erwarten sie<br />

Hunger, Kälte, Steine und kein Dach über<br />

dem Kopf. Arn 16. Dezember stirbt der<br />

kleine Sohn. Gregor Gog kommt ins Krankenhaus<br />

und erholt sich unter den klimatischen<br />

Bedingungen, dem Hunger und der<br />

Fntkräftung nicht mehr. Fr kann nicht<br />

mehr arbeiten und Gabriele Stammberger<br />

sorgt unter unvorstellbaren Entbehrungen<br />

für den Lebensunterhalt. Dann stirbtauch<br />

ihr ältester Sohn, Pim, an Meningitis. Gregor<br />

Gog erlebt noch den Tag der Befreiung.<br />

Alles Bemühen, ihn nach Deutschland ausreisen<br />

und dort behandeln zu lassen, bleibt<br />

ohne Erfolg. Sie kommen nicht einmal bis<br />

Moskau. Arn 7. Oktober 1945 stirbt er. Auch<br />

sein Wunsch, in Berlin begraben zu werden,<br />

wird nicht erfüllt. Gabriele Stammberger<br />

bleibt in Mittelasien, bis sie Ende 1954 endlich<br />

nach Berlin zurückkehren kann.<br />

Über die stalinistisch.cn Verbrechen ist<br />

in den letzten Jahren viel geschrieben worden.<br />

Aber diese Geschichte fügt in ihrer<br />

Genauigkeit, die aus der Verbindung von<br />

Dokument und Erzählung herrührt, eine<br />

wichtige Facette hinzu. Gabriele Stammberger<br />

ist bemüht, ihre Gefühle hinter<br />

ihrem Lebensbericht zu verstecken. Aber<br />

genau das führt dazu, daß es Situationen<br />

im Buch gibt, an denen ich einfach heulen<br />

mußte. Denn von dem Buch geht eine<br />

Beklemmung aus. Jedesmal, wenn ein<br />

neuer Bekannter im Leben Gabriele<br />

Stammbergers auftauchte, habe ich in dem<br />

ausführlichen und kenntnisreichen Apparat<br />

am Ende des Buches nachgeblättert,<br />

wann er gestorben ist, immer in der Hoffnung,<br />

er könnte nach dem Krieg wieder<br />

aus diesem unwirtlichen Exil zurückgekehrt<br />

sein. Es waren nicht viele. Und die<br />

wenigsten haben ihre Geschichte erzählt.<br />

Aus allen Himmelsrichtungen strömten<br />

Flüchtlinge nach Fergana. Neben dem Bahnhofstand<br />

eine große Teestube. Sie wurde ^ur<br />

Notunterkunft. Wie Heringe lagen wir nebeneinander,<br />

zu unseren Häuptern verstauten<br />

wir unser Fluchtgepäck. Die Schuhe stellten<br />

wir auf die Erde. Der Tschaichantschik empfahl<br />

uns, auch die Schuhe am Kopf zu verstauen,<br />

denn man wisse nie, wer nachts hier<br />

herumschleicht. Gegen Morgen, ich hatte<br />

geschlafen wie ein Sack, wurden wir vom<br />

Schlachtruf: »Zum Basar! Zum Basar!«<br />

geweckt. Am Kopf spürte ich einen kalten<br />

Luftzug. Ich sah mich um: Meine Schuhe<br />

waren weg! Der Dieb hatte die Scheibe her-<br />

Unser erster Weg war zum Bezirkskomitee<br />

der MOPR. Die Vorsitzende hieß Christowaja.<br />

Wir wiesen uns <strong>als</strong> Politemigranlen aus,<br />

und sie übergab uns fürs erste 100 Rubel<br />

Unterstützung. Weil wir sehr hungrig waren,<br />

steuerten wir umgehend das nächste Restaurant<br />

an. Bald standen Teller mit Gulasch und<br />

Makkaroni vor uns auf dem Tisch. Zu jeder<br />

Portion gehörte ein frischgebackener Eladen.<br />

Nach der entbehrungsreichen Fahrt gab es »<br />

2(1999

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