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MODH<br />

gezogene Männer und eine nackte Frau im<br />

Vordergrund verleih, sind sie es bei der Fotografin<br />

auf zwei elegant gekleidete Frauen,<br />

deren männliches Objekt der Begierde auf<br />

ein steifes, langes Weißbrot reduziert ist,<br />

das die Blonde der Brünetten genüßlich zwischen<br />

die bordeauxroten Lippen schiebt.<br />

Dem neuen Fotoband von Ellen von<br />

Unwerlh mit dem Titel »Couples« (Paare),<br />

in dem sich auch das »Picknick« befindet,<br />

ist nicht zu entnehmen, ob es sich dabei<br />

um eine Auftrags arbeit fiir eines der großen<br />

Mode-magazine wie Vogue, für die die Fotografin<br />

arbeitet, handelt. Das Buch ist 352 Seiten<br />

dick, kameraschwer und glänzt abgesehen<br />

von einem kurzen Vorwort und einer noch<br />

kürzeren Danksagung mit nichts <strong>als</strong> Bildern<br />

von Paaren. Die könnten unterschiedlich aber<br />

kaum sein. Die einen sind schwarzweiß, wirken<br />

fast wie Filtnstills aus Stummfilmzeiten,<br />

die anderen sind farbig, schrill und grell. Da<br />

ist die junge Frau im Rüschenrock, die wie<br />

auf einem Rokokogemälde von Antoine Watteau<br />

ins Objektiv schaukelt. Oder das kopflose<br />

Götterpaar von Delos, zwei Säulenheilige der<br />

griechischen Klassik. Aber da ist auch die<br />

Frau aus Jaisalmer, deren Kind an ihrer entblößten<br />

Brust nuckelt, sind die beiden kleinen<br />

Mädchen mit eisblauen Zungen, der<br />

Liliputaner und der Junge am Strand mit<br />

Stock, Charme und Melonen, <strong>als</strong> kämen sie<br />

aus einer anderen Zeit Manchmal sieht man<br />

nur zwei Hunde, einmal einen alten Mann<br />

und seinen mickrigen Fisch: Paare eben.<br />

Als Waisenkind in Bayern aufgewachsen,<br />

lebt Ellen von Unwerth heute mit ihrer Tochter<br />

und ihrem Freund in New York. Antisemitismus<br />

harte man ihr 1993 vorgeworfen,<br />

<strong>als</strong> sie für die Vogue die neue Kollektion von<br />

Jean-Paul Gaultier im jüdischen Vierlel von<br />

Brooklyn fotografierte. Ihren Modellen setzte<br />

sie dam<strong>als</strong> die traditionellen männlichen<br />

Kopfbedeckungen der [uden, die Kipa und<br />

die Fellmütze, auf. Auch Schläfenlocken trugen<br />

sie und manche rauchten Zigarren. Peinlich<br />

berührt und erregt waren die gläubigen<br />

Chassidim des Quartiers, vom Antisemitismus<br />

unter dem Deckmantel der Mode war<br />

die Rede. Ellen von Unwerth reagierte mit<br />

Unverständnis: »Das sind doch keine chassidischen<br />

Frauen, sondern reine Phantasieprodukte«,<br />

entgegnctc sie der Kritik.<br />

So schnell landel man <strong>als</strong> Fx-yoer-Kommunardin,<br />

die sie einmal war, in der rechten<br />

Ecke. Doch recht besehen, sind Ellen von<br />

Unwerths Fotografien Produkte des Zufalls,<br />

der Phantasie und einer Bilderwelt, die in<br />

ihrem Kopf lebt. Als im vergangenen Jahr<br />

der Verleger Lothar Schirmer seinen sogenannten<br />

Showroom für seine Fotobildbände<br />

in München mit Fotografien aus einem<br />

anderen Buch von Ellen von Unwerth eröffnete,<br />

sagte er: »Die Affinität von Buchbranche<br />

und Bekleidungsindustrie liegt doch auf der<br />

Hand: Das Buchregalais K leiderschrank der<br />

Seele ist doch ein hübsches Bild.« Eine<br />

schöne Metapher auch für die »Couples«.<br />

Und Schirmer sagte noch etwas: »Mancher<br />

streicht über Rilkes Lyrik, bevor er einschläft,<br />

und denkt, die Zuneigung gelte dem Meister.<br />

Die Haptik gehört untrennbar dazu, wenn<br />

man begreifen will, was einen ergreift.«<br />

Über die »Couples« streift man und die<br />

Zuneigung gilt ihnen und ihrer Meisterin.<br />

Ellen von Unwerth - »Couples«<br />

Schinner/Mosel Verlag, 1999,<br />

^52 Seiten, 193 Abbildungen, 58,- DM.<br />

2)1999

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