19.11.2013 Aufrufe

Download Innenteil als PDF - Weibblick

Download Innenteil als PDF - Weibblick

Download Innenteil als PDF - Weibblick

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

FKUILLLTON<br />

Jeden Freitag spielten wir Karten. Der<br />

schöne Erich, ein unentwegter Psychologie-<br />

Student, immer in schwierigen Liebesgeschkhten<br />

steckend, Monika, Chefsekretärin<br />

in einer großen Rundfunkanstalt, eine<br />

stattliche Frau mit Vorliebe fiir weite und<br />

ausgefallene Kleider - und ich, dam<strong>als</strong><br />

eine Ausländerin mit Ungewisser Zukunft.<br />

Eine Erzählung von Maria Kolenda<br />

Wir wohnten in einem Haus in der l lauptstraKe.<br />

einem in den li'inf/iger Jahren gebauten,<br />

häßlichen, grauen Kasten. Unsere drei<br />

kleinen Wohnungen lagen nebeneinander im<br />

vierten Stock; ein überdachter Außengang mit<br />

Blick '/.um Hof führte /u den Eingangslüren.<br />

Das erste Mal begegneten wir uns /ufällig<br />

im Hof und Hrich verwickelte uns in<br />

ein Gespräch über Mülltrennung. Eigentlich<br />

ititeressierte mich das Thema nicht, aber<br />

weil ich noch nicht lange in Berlin war und<br />

niemanden kannte, blieb ich bei ihnen stehen<br />

und stimmte /.u. Von dem Tag an traten<br />

wir uns regelmäßig zum Kartenspielen.<br />

Und heute war Freitag. Wie üblich saßen<br />

wir bei Monika. Sie war die ein/ige, die<br />

einen großen 'Fisch hatte, der zum Spiel gut<br />

geeignet war. Und noch wichtiger war, daf<<br />

sie in der Küche, gleich links hinter der Tür,<br />

vor/üglichen Wein in ansehnlichen Mengen<br />

lagerte. Wir plauderten über dies und das,<br />

spielten Kartell, tranken genüßlich den Wein<br />

und freuten uns des Lebens. Wie immer<br />

gewann Monika. Und <strong>als</strong> ob sie sich dessen<br />

schämte, schlug sie eine neue Partie vor.<br />

Wir waren sehr einverstanden, denn in so<br />

einem Moment erhob sich Monika vom<br />

Sessel, mit ihrem afrikanischen Kleid<br />

raschelnd und flog in die Küche, um eine<br />

neue Flasche /u holen. Für sie, für die nächste<br />

h'lasche. ertrugen wir würdevoll die<br />

unvermeidlich folgende Niederlage.<br />

Aber heute passierte etwas Unerwartetes.<br />

Frich fragte leicht angriffslustig, ob sie uns<br />

vielleicht beim Spiel betrüge. Das würde<br />

ihm nicht viel ausmachen, aber sie sollte<br />

es wenigstens zugeben. Sofort unterbrach<br />

Monika das Spiel, richtete sich starr auf,<br />

band ihre herunterhängenden, graugoldenen<br />

Haare zu einem festen Knoten und durchdrang<br />

uns mit einem strafenden Chefsekretärinnenblick.<br />

»Wenn ihr mich des<br />

Betruges beschuldigen wollt, dann könnt<br />

ihr euch ganz schnell eine andere Spielpartnerin<br />

suchen.«<br />

Erich erschrak. Seit langem schrieb er an<br />

seiner Doktorarbeit, einem unverständlichen<br />

und verwirrenden Werk ohne Ende, und war<br />

-'•l ">')'!

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!