Download Innenteil als PDF - Weibblick
Download Innenteil als PDF - Weibblick
Download Innenteil als PDF - Weibblick
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
TITEL<br />
Und die Freundin? Möchte sie nicht den<br />
Männer-Strip einmal selbst erleben? »Daran<br />
hindert mich vorläufig meine Erziehung«,<br />
sagt sie altklug: »Aber vielleich später einmal<br />
- wenn ich <strong>als</strong> Frau reifer bin.«<br />
Die Mütter<br />
Der [üngste in der Truppe ist 18 Jahre alt.<br />
Da die Frauen in Rußland im Durchschnitt<br />
ihre Kinder mit Anfang zwanzig bekommen,<br />
könnten viele der Zuschauerinnen und Tanzpartnerinnen<br />
der Golden Boys gut und gerne<br />
ihre Mütter sein. Was ihre wirklichen Mütter<br />
betrifft, so versichern die meisten der Stripper,<br />
hätten die nichts gegen ihren neuen Beruf.<br />
»Sie sind froh über alles, was uns hilft, in<br />
Moskau Fuß zu fassen«, meint einer aus der<br />
Truppe. Tatsächlich gibt es weniger erfreuliche<br />
Wege, sich in der verheißungsvollen Hauptstadt<br />
zu etablieren. Viele Altersgenossen der<br />
Boys »fassen Fuß«, indem sie ihre trainierten<br />
Körper in den Dienst von Mafia-Banden stellen.<br />
Die professionelle »Großfamilie«, die die<br />
»Boys« bilden, ist weit harmonischer, <strong>als</strong> die<br />
meisten Kleinfamilien. Ein Lied davon singen<br />
kann der »kleine Wolf«. Als Jugendlicher<br />
erschlug er seinen Vater, weil dieser wieder<br />
einmal drauf und dran war, seine Mutter<br />
bewußtlos zu prügeln. Das Gefängnis blieb<br />
ihm erspart. Aber erst hier, bei den Golden<br />
Boys, fühlt sich Woltschonok <strong>als</strong> wertvolles<br />
Mitglied der Gesellschaft. Nur in einem Punkt<br />
unterscheidet er sich von den anderen: Der<br />
quasi Spätpubertierendc widmet sich dem<br />
Dienst an den Frauen aus dem Publikum mit<br />
noch größerer Hingabe. »Manchmal stehen<br />
die übrigen schon auf der Bühne, wenn wir<br />
ihn noch mit Gewalt von einer Zuschauerin<br />
loseisen müssen«, lacht Manager Anissimow.<br />
Wie alle Mütter, machen sich auch die<br />
der Golden Boys Sorgen um die Zukunft<br />
ihrer Kinder. Wohl kaum verwirklichen läßt<br />
sich der naheliegendste Traum der Jungs:<br />
»aus Golden Boys werden einst Golden Men<br />
und dann Golden Grandfathers«. Deshalb<br />
halten sie es mit Sascha II, der sagt: »Ich<br />
bemühe mich, nicht in eine Richtung zu<br />
starren, in der ich noch nichts erkennen<br />
kann«.<br />
Wenn ihre fernere Zukunft auch im Nebel<br />
bleibt, so hegen die »Boys« doch ganz konkrete<br />
Hoffnungen für die nächsten Monate.<br />
Der »kleine Wolf« bringt sie auf den gemeinsamen<br />
Nenner: »Das Tollste für uns wäre eine<br />
Tournee durch Westeuropa. Dann könnten<br />
wir das Geldverdienen damit verbinden, die<br />
Welt kennenzulernen. Und außerdem könnten<br />
wir den Frauen im Westen mal zeigen,<br />
was an uns russischen Männern so dran ist«.<br />
Barbara Kerneck ist freie Autorin und<br />
Korrespondentinfür die taz in Moskau.<br />
f 2(1999