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„Liebelei, Gebete und Kriegsgeschrei!“<br />
Du liebst gute Musik und alte Literatur, am besten auch noch<br />
in Kombination? Dann bist Du bei Helium Vola auf jeden Fall<br />
richtig. Keiner erschafft so gekonnt wie Ernst Horn (Deine Lakaien)<br />
Albenkonzepte, die teils ganze Stücke durchziehen und manchmal<br />
auch nur einzelne Passagen ausmachen. Er gründete das Projekt 2001,<br />
nachdem er QNTAL verlassen hatte. Und bereits an der Namenswahl<br />
kann man sein Faible für historische Sprachen ablesen. „Helium Vola“<br />
ist Latein und heißt so viel wie „Helium, flieg!“ – eine Anspielung auf<br />
jenes Edelgas, welches Luftballons in höhere Sphären katapultiert. Horn<br />
holte sich noch die klassisch ausgebildete Sängerin Sabine Lutzenberger<br />
an Bord, mit der er bis heute zusammenarbeitet.<br />
Jetzt dürfen wir uns endlich auf Album Nummer vier freuen, das über<br />
das bandeigene Label erscheint. Wohin? zeigt erneut, dass die Musik von<br />
Helium Vola nicht einfach nur als „Musik“ bezeichnet werden kann,<br />
sondern wahrlich als Kunst. Auch für Ernst Horn ein spezieller Moment:<br />
„Ja, dieses Mal ist es etwas Besonderes. Ich erwarte die Veröffentlichung<br />
schon sehnsüchtig. Der Grund dafür ist, dass ich zum ersten Mal ein<br />
komplett fertiggestelltes Album wieder verworfen habe!“ Das Werk war<br />
ursprünglich unter dem Titel Quodlibet („Wie’s beliebt“) geplant. Es<br />
hätte eine recht lose Sammlung von Vertonungen älterer und neuerer<br />
hat es die Münchner Künstlerin Bettina Stickel; das Booklet bietet sogar<br />
alle Texte in Originalsprache, Deutsch und Englisch.<br />
Nun wollen wir natürlich noch wissen, was die Frage „Wohin?“ beantworten<br />
soll. „Wie der Titel entstanden ist, weiß ich selber nicht mehr genau. Es<br />
kam bei der Überarbeitung des Albums. Bei der ganzen musikalischen<br />
Sucherei, vielleicht auch wegen der einen oder anderen persönlichen Krise<br />
in den letzten beiden Jahren. Manchmal kam ich mir wie ein hilfloses<br />
Kind vor, das nicht so recht weiterweiß. Ehrlich gesagt, hab’ ich mir des<br />
Öfteren überlegt, ob der Titel gut ist oder nur die Steilvorlage für Fragen à<br />
la: Wohin geht die Reise, Herr Horn? Nach Anhören des Albums wissen wir es<br />
auch nicht, wohl eher aufs Abstellgleis...“, lacht Ernst. Nein, aufs Abstellgleis<br />
geht es mit Wohin? bestimmt nicht. Der studierte Dirigent, Pianist und<br />
Komponist hat sich hier nämlich selbst übertroffen.<br />
Dies alles erwächst nicht zuletzt aus der fabelhaften Symbiose, welche<br />
Ernst Horn mit seinem Stammkollegium bildet. Bei Wohin? arbeitete<br />
er neben Sabine Lutzenberger auch mit Gerlinde Sämann, Andreas<br />
Hirtreiter und Joel Frederiksen, die man bereits von früheren Tonträgern<br />
kennt. Frisch an Bord holte er Priska Eser-Streit, die sonst im Chor des<br />
Bayerischen Rundfunks singt, und Hannah Wagner, eine junge Sängerin<br />
und Komponistin, die an der Leipziger Musikhochschule studiert.<br />
Lyrik bieten sollen. Doch es wurden noch Lieder hinzugefügt und das<br />
Konzept angepasst. Nach rund zweijähriger Produktionsphase resultierte<br />
daraus ein Doppelalbum, das schier einem zweistündigen Epos voller<br />
Dramatik, Sehnsucht und Leidenschaft gleicht. Zu diesem monumentalen<br />
Werk gibt es auch wieder eine Geschichte. Ein dahinterstehendes Konzept:<br />
„Ja, natürlich. Es gibt zwei Gedichte, die einen Rahmen bilden. Eines<br />
ist am Anfang in lateinischer Sprache und handelt von der Klarheit des<br />
Denkens. Das andere ist am Schluss und auf Mittelitalienisch. Es handelt<br />
von dem Adlerflug und soll ihn als Symbol für die höchste Kunst<br />
darstellen. In der Mitte drinnen tobt das ordinäre Leben – Liebelei, Gebete<br />
und Kriegsgeschrei!“<br />
Betrachtet man die diversen Sprachen auf Wohin?, fühlt man bestätigt,<br />
dass es sich hier um ein wirklich bemerkenswertes Projekt handelt.<br />
„Dieses Mal haben wir sehr viele Sprachen verwendet. Es gibt sehr<br />
viele mittelhochdeutsche Gedichte, aber auch Galicisch, Provenzalisch,<br />
Lateinisch und neuere Lyrik“, erzählt Ernst. „Was die neuere Lyrik betrifft,<br />
hab’ ich auch ein Sonett meines Lieblingsdichters Francesco Petrarca im<br />
Gepäck, sowie einen deutschen Text von Sabine Lutzenberger und sehr<br />
viel Selbstverbrochenes von mir auf Deutsch und Englisch.“ Diese Vielfalt<br />
macht das Album einzigartig. Auf zwei CDs werden insgesamt 19 Tracks<br />
präsentiert. Klassische Melodien, verbunden mit modernen Elementen der<br />
Extraklasse. Auch das Artwork ist nicht von schlechten Eltern. Gestaltet<br />
Live-Auftritte mit dem neuen Material sind bisher nicht geplant.<br />
„Es ist leider so schwer, Termine zu finden, zu denen alle Zeit haben.<br />
Außerdem würde ich das wirklich aufwändig gestaltet haben wollen,<br />
und da wird’s dann teuer. Aber jetzt, da ihr fragt, fange ich wieder an,<br />
darüber nachzudenken...“, gesteht Ernst. Und dass Helium Vola auch live<br />
ein Genuss sein dürften, scheint wohl klar. Wohin? ist mehr als nur ein<br />
Album. Es ist eine Geschichte, die man erleben muss, und Du solltest<br />
die Einladung, diese Reise gemeinsam mit Ernst Horn und Sabine<br />
Lutzenberger zu unternehmen, nicht ausschlagen. Die Tore für eine<br />
Wanderung durch das mystische Mittelalter, durch die moderne Lyrik,<br />
historische Musik und elektronische Avantgarde sind geöffnet!<br />
www.facebook.com/heliumvola<br />
Manuela Ausserhofer<br />
Discographie (Alben):<br />
Helium Vola (2001)<br />
Liod (2004)<br />
Für euch, die ihr liebt (2009)<br />
Wohin? (2013)<br />
Line-Up:<br />
Sabine Lutzenberger – Gesang<br />
Ernst Horn – Keyboard, Produktion<br />
<strong>Orkus</strong>! - 103