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Berlin, St. Bartholomäuskirche, 25.01.2013<br />
Besondere Konzerte benötigen besondere Örtlichkeiten. So die einfache<br />
Weisheit. Im Falle von Dornenreichs Akustikperformance in Berlin traf<br />
man mit der Wahl der Location so richtig ins Schwarze, beheimatete<br />
die hier als Duo aufspielenden Traumtänzer in der denkmalgeschützten<br />
Friedrichshainer St. Bartholomäuskirche, einem neugotischen<br />
Schmuckstück aus dem 19. Jahrhundert. Der Bau ist schon lange vor<br />
Konzertbeginn mehr als gut gefüllt, viele BesucherInnen werden den<br />
wundervollen Auftritt der Österreicher nur im Stehen verfolgen können.<br />
Das Haus ist bis auf den letzten Platz besetzt. Die Stimmung ist der<br />
sakralen Umgebung entsprechend ruhig, Unterhaltungen werden im<br />
Flüsterton geführt, eher Wein als Bier bestellt. Was auch viel besser zu<br />
der Labsal passt, die Jochen „Evíga“ Stock und Thomas „Inve“ Riesner<br />
mit Gitarre, Schellen, Geige und Gesang darbieten.<br />
War die akustische Seite der Band bei ihren Metal-Shows zuletzt<br />
lediglich als Einleitung gedacht, ist sie heute der Hauptakteur. Und kann<br />
dennoch über den ganzen Abend fesseln. Spezielle Aufmerksamkeit<br />
wird zum einen der im Rahmen dieser Reise erstmals aufgeführten<br />
Gedichtvertonung Ich bin ein Stern (Hermann Hesse) entgegengebracht<br />
– ein Stück Lyrik, welches nahtlos in den freigeistigen Dornenreich-<br />
Kosmos passt und eindringlich geflüstert wird. Andererseits im Fokus:<br />
die Weltpremiere brandneuer Titel. Zwar soll das Werk Freiheit erst<br />
im Laufe des Jahres erscheinen; einen kleinen Vorgeschmack gab es<br />
aber bereits... und der fiel, wie könnte es anders sein, grandios aus.<br />
Leidenschaftlich, verspielt, sehnend und dringlich regnen die Klänge<br />
durch die wunderbare Akustik der Kirche. Gleiches gilt natürlich für die<br />
vielen weiteren Lieder – Freitanz, Reime faucht der Märchensarg, Jagd,<br />
Erst deine Träne löscht den Brand... fast zwei Stunden lang verzaubern<br />
Dornenreich ihr Publikum mit einfachsten Mitteln. Evíga erweist sich<br />
auch in dieser Winternacht als Soundpoet, dessen Gesangsphrasierungen<br />
mehr als ein Mal Gänsehaut, wohliges Schaudern und Ergriffenheit<br />
in den gebannten ZuhörerInnen auslösen. Inve, der in sich ruhende<br />
Gegenpol an der Violine, lässt seine Melodien spiralförmig durch die<br />
Kirche gleiten, wo sie das expressive Gitarrenspiel umtanzen, aufgreifen<br />
und ergänzen. Am Ende dieses Konzerts ist klar: akustisch waren<br />
Dornenreich noch nie besser. Noch nie überzeugender.<br />
Text: Björn Springorum<br />
Photo: Caroline Traitler<br />
112 - <strong>Orkus</strong>!