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Die Solo-Pfade haben ihn in die Glückseligkeit geführt. Na ja, zumindest<br />
in sein persönliches Orgiastic Paradise. So heißt das Erstlingswerk von<br />
Claudio Hausers Neustart mit Script 6. „Bei diesem Projekt habe ich<br />
mich von Anfang an sehr gut gefühlt“, erzählt er. „Es gab in der Zeit der<br />
Produktion eigentlich gar keine richtig schwierigen Situationen. Keinen<br />
Streit, keine Diskussion mit Mitmusikern oder so was. Ich konnte quasi<br />
alles – von den Beats, den Harmonien, dem Gesang oder, welche Gitarren<br />
passen – so umsetzen, wie ich es mir vorgestellt hatte.“ Das galt für ihn<br />
nicht immer: Von 2000 bis 2005 war er mit dem Gespann :spasmodique:<br />
unterwegs. „Das wurde immer schwieriger“, meint er. „Jeder vertrat<br />
eine andere Musikrichtung und teilweise auch eine andere Idee.“ Der<br />
persönliche Bezug ging in die Brüche. Auch der Versuch, 2011 noch<br />
einmal etwas mit dem früheren Gitarristen gemeinsam aufzuziehen,<br />
scheiterte recht fix.<br />
Zwischenzeitlich war Claudios Industrial-Projekt Theorem geboren...<br />
und wieder verworfen worden. „Für viele ist das wahrscheinlich einfach<br />
Krach. Aber in der Industrial-Szene kam es ganz gut an“, erinnert er sich.<br />
Heute jedoch ist das bedeutend ruhigere Script 6 „einfach mein Ding.<br />
Man fühlt anders in den verschiedenen Epochen seines Lebens“, erklärt<br />
er den Wandel. „Und ich habe es somit auch anders empfunden, Musik<br />
zu machen. Es war nicht unbedingt ein Plan, alles anders zu machen.<br />
Aber manche Musik höre ich selber nun nicht mehr oder nur wenig. Mit<br />
so einer Sache dann weiterzumachen, das wäre komisch!“<br />
Immer noch als klares elektronisches Bekenntnis, doch sphärisch-<br />
„ambienter“ kommt jetzt Orgiastic Paradise daher. Überhaupt sei seine<br />
Grundstimmung in dieser Zeit sehr intensiv gewesen, schwärmt der<br />
Sänger. Bilder seines Lieblingsmalers Hieronymus Bosch spukten bei der<br />
Produktion durch Claudios Gedankenwelt, eine mysteriöse Verbindung<br />
zu einer Dame, die er als seine „Dualseele unbekannterweise“ bezeichnet,<br />
und auch sein Dasein als Reisender. Denn 200 Tage pro Jahr im Ausland<br />
unterwegs zu sein, ist für ihn keine Seltenheit.<br />
Kontrastreich zu dem hypnotisch-wogenden Klangmeer erscheinen teils<br />
Texte, Titel wie Rock’n’Roll Lady Shave oder Videos mit Gummipuppe<br />
auf seiner Homepage. „Das mag sicher für viele was Kryptisches haben“,<br />
lacht Claudio, „aber jedes Detail hat seinen Hintergrund!“ Begierde,<br />
Liebe, Sehnsucht kommen darin zum Ausdruck. Ob – wie bisher<br />
– ausschließlich aus dem Studio oder auch mal live, das ist gerade im<br />
Gespräch. „Durchaus eine Option“, nennt es Claudio. Doch die konkrete<br />
Bühnenumsetzung müsse ihm ebenso zusagen wie sein jüngstes Solo-<br />
Projekt.<br />
www.script6.de<br />
Miriam Claus<br />
Java Guidi ist immer für eine Überraschung gut. Gerade ist die<br />
Allroundkünstlerin mit ihrem ersten Album Stop Dying in den Indie<br />
Disko Trendcharts und Deutschen Club Charts durchgestartet. Ihr<br />
Markenzeichen: elektronisch-minimalistischer Pop. Individuell und<br />
auf die Details fokussiert. Ihre Stimme und Aussage bleiben klar im<br />
Vordergrund.<br />
Ihr Debut, gemeinsam mit dem Klangmeister Christoph Varga produziert,<br />
bezeichnet sie als ein Konzeptalbum, ein gänzlich eigenständiges Projekt.<br />
„Wir haben uns zusammengesetzt und uns bewusst gemacht, wie wir das<br />
haben wollten. So cool, so simpel wie möglich.“ Bei diesem Prozess, erzählt<br />
sie, flogen sämtliche ihrer vorab geschriebenen Balladen und Lovesongs<br />
raus. Auf einem möglichen zweiten Album könnten sie wieder Einzug<br />
halten, überlegt die Berlinerin.<br />
Diesmal durften und sollten die Lieder ordentlich provozieren. Einen<br />
Eindruck, was sie damit meint, liefert gleich der Opener Judge me, Bitch.<br />
Wer nun aber hinter dieser Zeile ein prolliges Wesen vermutet, das zum<br />
Einstieg erst mal kräftig austeilt, wird wieder überrascht. Ebenso, wer Java<br />
Guidi als Schauspielerin kennt, die quirlig plappernd und ein bisschen<br />
verrückt durch die Szenerie fegt. Im Gespräch wirkt die Halbitalienerin<br />
eher schüchtern. Und gedankenvoll: „Mich nervt diese ganze Bewertungsund<br />
Beurteilungsgesellschaft“, gesteht sie frei heraus. „Judge me, Bitch ist<br />
eine bewertende Aufforderung, und gleichzeitig verurteilt es selber.“ Die<br />
Provokationen, die sich auftürmenden negativen Passagen in Money sucks<br />
Dicks – sie alle relativieren sich durch ihr Zusammenspiel, so Java. Auch<br />
der Titel unterliegt diesem Gedankenkonstrukt: „Ich wollte unbedingt die<br />
zwei negativsten Worte, die mir so einfallen, zusammen aber wieder eine<br />
gute Bedeutung haben“, erklärt sie. Denn auf dem Album gehe es um<br />
einen Zustand des Vor-sich-hin-Sterbens... nicht tot sein, aber auch nicht<br />
richtig leben. „Vielleicht war es für mich selbst eine Phase, um mit dem<br />
Todesthema abzuschließen“, schiebt sie hinterher. Erneut ein unerwartetes<br />
Bekenntnis.<br />
Die ausgekoppelte Single Addicted ist unerhört sexy, Killer in Me stellt für<br />
sie selbst das verstörendste Stück dieser Kollektion dar, das lebensbejahende<br />
Now spricht ihr am meisten aus der Seele. „Wer sich eingehender mit den<br />
Texten beschäftigt, findet immer noch eine Schicht darunter“, betont die<br />
Sängerin. Die Message: Alles Schöne hat auch seine dunklen Seiten und<br />
umgekehrt.<br />
www.javaguidi.com<br />
Miriam Claus