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Orkus! Hurts (Vorschau)

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„Ein Bodybuilder kann nicht zur Ballerina werden.“<br />

Da soll noch mal jemand behaupten, es sei nicht gut,<br />

wenn Kinder mit Monstern spielen. Wenn sie mit<br />

Horrorpuppen zu Bett gehen und am liebsten die<br />

grausigsten Exemplare aus dem Spielwarengeschäft<br />

mit nach Hause nehmen wollen. Was aus einer<br />

solchen Neigung werden kann, zeigt ein Finne, der<br />

seine Liebe für Monster zum Beruf gemacht hat: Mr.<br />

Lordi, Fronter und Chef der nach ihm benannten<br />

Band, ist sozusagen mit Leib und Seele Monster<br />

– und tut auch auf dem neuen Album To Beast<br />

Or Not To Beast alles, um den Ruf der weltweiten<br />

Monstrositäten zu verbessern.<br />

„Ich liebe Monster!“, ist eines der ersten Dinge, die<br />

durch die Leitung dröhnen. Mr. Lordi ist gesprächig,<br />

extrem gut gelaunt und am Telefon allgemein das<br />

genaue Gegenteil von dem, was man erwartet. Zwar<br />

trägt er nur eine Maske, dessen sind wir uns fast sicher.<br />

Fast. Trotzdem ist es eine derart schaurige, dass man<br />

sich schon mal gruseln kann. Zudem ist Mr. Lordi<br />

Finne, die ja selten durch Redseligkeit auffallen. „Ich<br />

bin ein anderer Mensch, wenn ich keine Maske trage“,<br />

erläutert er. „In dem Moment, wo ich das Make-up<br />

anlege, geschieht etwas Magisches, Unerklärliches.<br />

Ich verändere mich, rede weniger und werde auch<br />

sonst böser. Ich liebe es, wenn das passiert... zumal es<br />

für drei Stunden Arbeit entschädigt.“ Richtig gelesen:<br />

bis zu drei Stunden dauert die Transformation eines<br />

Finnen in das grausige Rockmonster Mr. Lordi;<br />

jede Wunde, jedes diabolische Horn will schließlich<br />

korrekt und möglichst wirkungsvoll platziert sein.<br />

Vor jedem Gig. „Das ist echt ein elendiger Haufen<br />

Arbeit!“, lacht er. „Ganz ehrlich: oft habe ich einfach<br />

keinen Bock auf die gesamte Prozedur. Aber sobald<br />

ich aufhöre, wie ich auszusehen, und mehr zu Mr.<br />

Lordi werde, kann ich es kaum erwarten. Plötzlich<br />

mag ich mein Spiegelbild wieder und kann gar nicht<br />

aufhören, mich anzuschauen.“ Als Mr. Lordi gefalle<br />

er sich am besten, sagt er mit Nachdruck. Sonst blicke<br />

er kaum in den Spiegel. „Es könnte mir nicht egaler<br />

sein. Ohnehin sehe ich aus wie ein ungekämmter<br />

Obdachloser, warum sollte ich mir das antun?“<br />

Monster haben es ihm eben viel mehr angetan – und<br />

das, seit er sechs Jahre alt war. „Mein Lieblingsmonster<br />

war immer der Hulk“, erinnert er sich. „Ich fand es<br />

beeindruckend, wie sich ein normaler Mensch in so<br />

etwas verwandeln kann.“ Da wundert es nicht, dass<br />

auch in Mr. Lordi viel von dem Menschen hinter<br />

der Maske steckt und lediglich in anderer, verstärkter<br />

Form zum Vorschein tritt. „Außerdem kann ich<br />

andere Facetten meiner Persönlichkeit ausleben, die<br />

sonst eher zu kurz kommen. Ich bin dann wie ein<br />

Fernseher, an dem man die Kontraste verändert hat,<br />

damit das Bild farbiger wird. Im Kern bleibe ich jedoch<br />

derselbe. Alles andere wäre auch nicht überzeugend:<br />

Ein Bodybuilder kann nicht zur Ballerina werden.“<br />

Da liebt es wirklich jemand, sich zu verwandeln, zu<br />

einer Art finnischem Rock’n’Roll-Hulk zu werden.<br />

Die Masken fertigt er übrigens seit vielen Jahren<br />

selbst, hat dieses Talent mittlerweile beeindruckend<br />

weit getrieben. „Das größte Kompliment für mich ist,<br />

wenn man mich fragt, wo ich die Masken machen<br />

ließ“, erklärt er mit stolzgeschwellter Brust. Gern<br />

geschehen: Sie sehen scheußlich aus, Herr Lordi!<br />

Ohne Maske auf die Bühne zu gehen, wie es zum<br />

Beispiel KISS in den Achtzigern getan haben,<br />

käme für den Sänger nie in Frage. Er nimmt sein<br />

Monsterdasein ernst. „Sicherlich, technisch möglich<br />

wäre es. Aber das wird nie passieren!“ Zwar sei Lordi<br />

wie ein knallbunt verpacktes Geschenk, dessen Inhalt<br />

die Musik darstellt, doch sei auch die Hülle essenziell.<br />

„Mal ehrlich – wer will schon ein unverpacktes<br />

Geschenk?“ Letztlich hat ihn die Verpackung auch<br />

erst dorthin gebracht, wo er heute steht. Jeder kennt<br />

das Erfolgsmärchen vom gewonnenen Eurovision<br />

Song Contest 2006, aber die Geschichte von Lordi<br />

ist viel länger... und kann mehr vorweisen als diesen<br />

kuriosen Triumph. Seit über zwei Dekaden wanken<br />

die Rockzombies durch die Szene, in Finnland knackte<br />

jedes ihrer bis dato fünf Alben die Top 10. Mit To<br />

Beast Or Not To Beast gesellt sich Werk Nummer sechs<br />

in die Vita – und stellt die bislang überzeugendste<br />

Musik. Erstmals hat man nicht das Gefühl, dass es<br />

sich hierbei (zumindest teilweise) um einen Grund<br />

handelt, sich als Monster zu verkleiden und durch die<br />

24 - <strong>Orkus</strong>!

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