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Zeitschrift des Deutschen Olympischen Sportbundes und der ...

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Forschung für den Sektor <strong>des</strong> Hochleistungssports wird sich<br />

ihre Akzeptanz im universitären Gefüge nicht weiter aufrechterhalten<br />

lassen. Da ohnehin schon 26 Prozent aller<br />

Studenten geisteswissenschaftliche Fächer belegen, für die es<br />

auf dem Arbeitsmarkt kaum Zukunftschancen gibt, <strong>und</strong> da<br />

später o<strong>der</strong> früher das Studium ohnehin als Schleuse für die<br />

Karrierevermittlung funktionieren muss, droht diesem Mauerblümchen<br />

im Universitätsbetrieb ein Cut. Die Schwäche <strong>des</strong><br />

Dauerpatienten wird umso deutlicher, als er das Jahr <strong>der</strong><br />

Geisteswissenschaften mit gut austarierten För<strong>der</strong>töpfen<br />

noch nicht einmal als Sprungbrett zur Präsentation nutzt.<br />

Die Umstellung innerhalb <strong>des</strong> EU-Bologna-Prozesses auf<br />

Bachelor- <strong>und</strong> Master-Studiengänge dürfte keine Chance<br />

bieten, verlorenes Terrain wie<strong>der</strong>gutzumachen. Eher drohen<br />

dem universitären Lehrbetrieb anwendungsorientierte<br />

Schnellstudiengänge <strong>und</strong> somit verantwortungslose Verflachung.<br />

Die schon heute unterfinanzierte Forschung wird auch<br />

darunter zu leiden haben. Wenn die Sportwissenschaft schon<br />

die "Sportgeschichte" als eigenständige Disziplin ihres genuin<br />

interdisziplinären Wissenschaftsbereiches nicht mehr im Blick<br />

hat, wenn Sportpädagogen heute dem Dreiklang Abenteuer-<br />

Wagnis-Risiko hinterherlaufen <strong>und</strong> nicht mehr erkennen<br />

wollen, wie Körperkultur <strong>und</strong> Sport schon immer von politischen<br />

Zwangssystemen missbraucht werden konnten, lassen<br />

sich jungen Studierenden auch nicht länger elementare<br />

Spuren von politischer Bildung o<strong>der</strong> gar die Befähigung zum<br />

kritischen Denken vermitteln. Selbst die bescheidensten<br />

Ingredienzien wissenschaftsethischer Diskurskultur blieben<br />

auf <strong>der</strong> Strecke.<br />

Wilhelm von Humboldt hatte bereits 1810 den Universitäten<br />

das Aufgabengebiet von produktiver Auseinan<strong>der</strong>setzung mit<br />

offenen Fragen <strong>und</strong> Problemen ins Stammbuch geschrieben;<br />

die Vermittlung von Gr<strong>und</strong>lagenwissen sollte den Gymnasien<br />

vorbehalten bleiben. Orte <strong>der</strong> Begegnung von Forschung <strong>und</strong><br />

Ausbildung sollten das Labor für die Naturwissenschaften<br />

<strong>und</strong> das Seminar für die geisteswissenschaftlichen Fächer<br />

sein. Forschung <strong>und</strong> Lehre: Die unterschiedlichen Formen<br />

<strong>und</strong> Grade <strong>der</strong> intellektuellen Begeisterung verschiedener<br />

Generationen wechselseitig anzuregen, sorge für einen<br />

gegenseitigen Nutzen. Der Universitätsalltag heute sieht<br />

an<strong>der</strong>s aus: intellektuelle Selbstverzagtheit, akademischer<br />

Provinzialismus <strong>und</strong> frustrierter Trott. Eine Qualitätsoffensive<br />

ist nötiger denn je, zumal ein Universitätsstudium heute zu<br />

den Normalerwartungen junger Menschen gehört, nachdem<br />

sozialdemokratische Schulpolitik das Wissen nivelliert hat<br />

<strong>und</strong> heutige Abiturienten vor 40 Jahren noch begründete<br />

Schwierigkeiten bei Prüfungen zur Mittleren Reife gehabt<br />

hätten. Dass Universitäten erst einmal für das eigentliche<br />

Abiturwissen sorgen müssen - das wird gerade auch in den<br />

Sportwissenschaften beobachtet -, stellt ein weithin erschrecken<strong>des</strong><br />

Phänomen dar. Alle Hochschulreformen <strong>der</strong> letzten<br />

Jahrzehnte haben zudem Negativspuren hinterlassen. Weite-<br />

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