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Zeitschrift des Deutschen Olympischen Sportbundes und der ...

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gen wie Krieg vorzubereiten", sie könne "ritterlich o<strong>der</strong> ver<strong>der</strong>bt,<br />

männlich o<strong>der</strong> roh sein". Es komme jedoch ganz darauf<br />

an, in welche Richtung "man sie einpendeln wird". Coubertins<br />

sportliche bzw. olympische Pädagogik - "pédagogie sportive"<br />

- war für junge Männer gedacht. Sie sollten mit Hilfe <strong>des</strong><br />

Sports <strong>und</strong> <strong>der</strong> Athletik zu Vorbil<strong>der</strong>n im friedlichen, sportlichen<br />

Wettstreit erzogen werden. Coubertin lässt sich sogar so<br />

weit verstehen, dass es in <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Welt ohne diese<br />

sportliche Erziehung nicht o<strong>der</strong> nur schwer möglich sei, junge<br />

Männer zu disziplinieren, sie zu Fairness <strong>und</strong> Demokratie zu<br />

erziehen. Unter Athletik verstand er übrigens nicht das zu<br />

seiner Zeit noch wesentlich rohere Fußballspiel, son<strong>der</strong>n die<br />

Leichtathletik <strong>und</strong> den jungen männlichen Einzelkämpfer -<br />

wie in <strong>der</strong> Antike. Der Sport war für ihn ein Feld, auf dem<br />

sich junge Männer sinnvoll <strong>und</strong> konstruktiv betätigen konnten;<br />

<strong>und</strong> eben nicht <strong>der</strong> Krieg, <strong>der</strong> Bereich, in dem die Männer<br />

zur Zeit Coubertins in <strong>der</strong> Regel ihre Männlichkeit unter<br />

Beweis stellen mussten - selbst wenn viele von ihnen dazu<br />

wirklich keine Lust hatten.<br />

Nach zwei verheerenden Weltkriegen ist dieses Feld <strong>der</strong> Ehre<br />

heute zum Glück keines mehr; zumin<strong>des</strong>t nicht für junge<br />

Männer im westlichen Abendland. Gleichwohl brauchen <strong>und</strong><br />

suchen sie Gelegenheiten, in denen sie - mit den Worten von<br />

Elias - die "freudige Erregung eines Kampfes" erleben <strong>und</strong><br />

ihre "körperliche Kraft <strong>und</strong> Geschicklichkeit" einsetzen können.<br />

Man kann <strong>und</strong> darf es<br />

jedoch nicht bei historischen<br />

Reminiszenzen <strong>und</strong> soziologischen<br />

Analysen belassen,<br />

son<strong>der</strong>n diese müssen auch<br />

pädagogisch <strong>und</strong> didaktisch<br />

gewendet werden, wenn<br />

man im Sport einen Ausweg<br />

aus <strong>der</strong> Krise mo<strong>der</strong>ner<br />

Männlichkeit sucht.<br />

Die olympische Pädagogik<br />

Coubertins setzt hier an. Sie<br />

mag auf den ersten Blick<br />

<strong>und</strong> nach heutigen Maßstäben<br />

als "frauenfeindlich"<br />

kritisiert werden. Man kann<br />

sie aber auch als Ausdruck<br />

einer spezifisch männlichen<br />

Sportpädagogik verstehen.<br />

Sie ist darauf ausgerichtet,<br />

jungen Männern, die "Athleten"<br />

sein <strong>und</strong> werden sollten,<br />

nicht ihre Defizite vorzuhalten,<br />

son<strong>der</strong>n sie in ihren -<br />

auch körperlich-aggressiven<br />

- Bedürfnissen <strong>und</strong> Interessen<br />

so zu nehmen wie sind.<br />

Sie sollen positiv genutzt <strong>und</strong> entwickelt werden. Dann<br />

können sie auch helfen, das Selbstbewusstsein <strong>der</strong> Jungs zu<br />

verbessern <strong>und</strong> ein positives Selbstbild zu entwickeln. Daran<br />

mangelt es gerade den äußerlich "schwierigen", in ihrem<br />

Inneren aber häufig gebrochenen männlichen Jugendlichen,<br />

wie im Übrigen alle fachwissenschaftlichen Studien belegen.<br />

Wenn sie sich im Sport durch eigene Leistung <strong>und</strong> Anstrengung<br />

<strong>und</strong> dann noch unter dem Beifall <strong>der</strong> "Frauen", wie<br />

Coubertin das einst gern gesehen hätte, hervortun können,<br />

dann kann dieser Sport einen wesentlichen Beitrag leisten,<br />

sie in ihrer männlich-jugendlichen Entwicklung zu unterstützen.<br />

Es liegt in <strong>der</strong> Verantwortung <strong>der</strong> Erzieherinnen <strong>und</strong> Erzieher,<br />

diese männlich-sportliche Erziehung in die richtige Richtung<br />

einzupendeln, nämlich in Richtung Fairness <strong>und</strong> "Ritterlichkeit",<br />

wie Coubertin sagte. Die meisten Eltern, Lehrer, Trainer,<br />

Übungsleiter <strong>und</strong> Funktionäre nehmen diese pädagogische<br />

Aufgabe verantwortungsbewusst wahr. Aber es reicht noch<br />

nicht. Gerade die schwierigen, problematischen Jungs werden<br />

nicht o<strong>der</strong> zu wenig erreicht, <strong>und</strong> wie die Ergebnisse <strong>der</strong><br />

genannten "Brettschnei<strong>der</strong>-Studie" zeigen, gelingt es gerade<br />

den Fußballvereinen nicht immer, das Bild eines fairen <strong>und</strong><br />

ritterlichen, so gesehen wirklich männlichen Sports in den<br />

Köpfen <strong>und</strong> Körpern <strong>der</strong> kleinen Buben <strong>und</strong> jungen Männer<br />

nachhaltig zu verankern.<br />

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