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Elin Hirvi Dunkle Häfen - BookRix

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"Komm, gehen wir."<br />

Ramis wandte sich schon um und eilte den langen Korridor entlang bis zum<br />

Nähzimmer. Ein wenig langsamer folgte Martha. Sie freute sich über Ramis Hilfe.<br />

Das Mädchen ging geschickt mit Nadel und Faden um. Doch trotz all des Spaßes,<br />

den sie zusammen hatten, gab es Schatten, die darauf fielen. Einmal waren das die<br />

Hausangestellten, die Ramis von Anfang an nicht gemocht hatten und sie immer<br />

herumkommandierten, wenn Martha gerade nicht aufpasste. Ramis musste oft die<br />

Böden im Haus wischen und alles putzen. Wenn die Köchin sie erwischte, dann<br />

durfte sie die ganze Küche säubern und das eingetrocknete Fett von den Wänden<br />

und Tischen kratzen. Auch den Abfall aufzuräumen schien man als ihre Aufgabe zu<br />

betrachten. Nicht selten war das Mädchen von oben bis unten schmutzig und<br />

verschwitzt, wenn es mit seiner Arbeit fertig war. Am schlimmsten war es bei<br />

Francis, dem Haushofmeister, der Ramis damals herbringen musste und sie vom<br />

ersten Augenblick an nicht hatte ausstehen können. Er behandelte sie wie ein Stück<br />

Dreck, das nur dazu da war, die niederen Arbeiten zu erledigen. Ihre Abneigung<br />

war gegenseitig, denn Ramis versteifte sich jedes Mal und sagte kein Wort mehr,<br />

wenn er in der Nähe war. Er war Teil ihrer bösen Vergangenheit geworden. Zum<br />

Glück schien sie in letzter Zeit wenig an ihr voriges Leben zu denken. Und doch<br />

waren die Erinnerungen, die sie nicht finden konnte, immer unterschwellig<br />

anwesend.<br />

Ramis war jetzt in der Tür verschwunden. Es hatte lange gebraucht, bis Ramis<br />

gelernt hatte, sich hier zurechtzufinden. Das war gewiss nicht einfach bei den<br />

vielen Zimmern und Gängen. Anfangs war sie in der Zeit, als sie noch nicht<br />

arbeiten musste, überhaupt nicht aus ihrem Zimmer gekommen. Man fand sie meist<br />

in ihrem Bett, mit Bonny auf dem Schoß, aber nach und nach war ihre Neugier<br />

erwacht und verlockte sie zu Streifzügen durch das Haus oder in den Garten, sobald<br />

sie etwas freie Zeit hatte.<br />

Eines Tages war Ramis plötzlich verschwunden und unauffindbar gewesen und<br />

hatte Martha dazu gebracht, im ganzen Haus zu suchen. Sie war sogar zu den<br />

Herrschaften gegangen. Doch schließlich fand man das Mädchen, das in einen<br />

Wandschrank gekrochen war, der auf einem Flur in der Nähe der Küche stand. Sie<br />

war unglücklicherweise in einen der häufigen Streits zwischen Francis und der<br />

Köchin geraten und hatte sich erschrocken in den Schrank geflüchtet. Sobald der<br />

Haushofmeister und die tyrannische Küchenchefin sich trafen, begannen sie sich<br />

über die unwichtigsten Dinge in die Haare zu geraten. Unter der Dienerschaft<br />

wurden schon heimliche Wetten abgeschlossen, wer gewinnen würde. Francis war<br />

die oberste Macht nach Sir Edward und Lady Harriet, aber der Einflussbereich der<br />

Köchin ging weit über den Küchenbereich hinaus. Außerdem hatte sie einen Stein<br />

im Brett bei der Lady, weil sie ihr als Einzige den richtigen Tee für ihre Nerven<br />

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