Elin Hirvi Dunkle Häfen - BookRix
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sie gewiss tausendmal mehr Anstand als dieser Kerl. Sicherlich waren all die<br />
schmucken Offiziere, hochmütig in ihren Uniformen, auch nicht besser. Sie<br />
würdigten das Dienstmädchen kaum eines Blickes, wenn sie Sir Edward besuchten.<br />
Ein Mann allerdings zeigte mehr Aufmerksamkeit, als ihr lieb war. Gleich, als er<br />
in Begleitung eines eifrig buckelnden Dieners in die Eingangshalle trat, wurde sie<br />
auf ihn aufmerksam. Er musste so alt sein wie Sir Edward und Ramis glaubte zu<br />
wissen, dass er öfters hier vorbeikam. Zweifellos war er einer der Lords mit den<br />
uralten Stammbäumen, die sich einiges einbildeten. Doch er hatte ein Gesicht, das<br />
man nicht so schnell vergaß. Vor allem nicht die Augen, in denen ein Ausdruck<br />
lauernder Intelligenz lag. Ramis musste dabei an einen Raubvogel denken. Seine<br />
hohe, noch immer schlanke Gestalt wollte schon an ihr vorbeigehen, als er plötzlich<br />
innehielt. Er richtete den Blick auf das Mädchen, das schwerfällig am Boden<br />
hockte. Mit ein paar großen Schritten war er bei ihr und zog sie hoch.<br />
"Wer bist du?", fragte er herrisch. Irgendetwas schien ihn zu erregen.<br />
"Ich..." Ramis war angesichts dieses Überfalls verwirrt, sie kam ins Stottern.<br />
"Ein Dienstmädchen."<br />
"Einfältiges Ding! Wie heißt du?"<br />
"Ramis."<br />
Verärgert ließ er sie wieder los, dass sie fast gefallen wäre. Sie wich eilig ein<br />
Stück zurück.<br />
"Woher kommst du?"<br />
Ramis schüttelte heftig den Kopf.<br />
"Ich weiß nicht! Weshalb wollt Ihr das wissen? Ich kenne Euch nicht!"<br />
Der Mann murmelte etwas, das sich wie ein Fluch anhörte und marschierte dann<br />
weiter zu Francis, der ihm entgegeneilte. Ramis sah, wie die Männer einige Worte<br />
wechselten und zu ihr sahen. Sie packte hastig ihre Putzsachen zusammen und floh.<br />
Auf diese Sache konnte sie sich keinen Reim machen, deshalb vergaß sie sie bald<br />
wieder.<br />
Doch neben all den Sorgen gab es auch Momente, in denen die Zeit still zu<br />
stehen schien und sie alles vergessen konnte. Es war, als würde sie nach langer<br />
Krankheit Heilung finden oder als würde ihr jemand kühle Salbe auf die rissige,<br />
heiße Haut streichen. So einen Moment erlebte sie, als sich alle in der Gesindestube<br />
versammelten, um sich Geschichten zu erzählen. Dieser Raum hatte sogar einen<br />
kleinen Kamin und war viel wärmer als Marthas Kammer. In der wohligen Wärme<br />
setzten sich alle auf die vorhandenen Bänke und Kisten, andere brachten Decken<br />
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