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Elin Hirvi Dunkle Häfen - BookRix

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Mann, der eine ziemlich junge, braunhaarige Frau als Begleitung hatte. Der Mann<br />

trug eine graue Perücke, hatte graue Augen und graue, buschige Augenbrauen.<br />

Überhaupt war alles grau, bis auf seine Kleidung. Die Frau an seiner Seite hatte ein<br />

rotes, recht weit ausgeschnittenes Kleid an und war stark geschminkt. Ihr roter<br />

Mund hob sich deutlich von der blassen Haut ab. Ramis betrachtete sie fasziniert.<br />

Eine solch seltsame Frau sah man auch nicht alle Tage. Diese wiederum maß sie<br />

mit abschätzendem Blick von oben bis unten. Anscheinend wurde sie für zu leicht<br />

befunden.<br />

Sir Edward sagte: „Darf ich vorstellen? Dies ist Lady Anne, meine Nichte vom<br />

guten Lande. Sie ist zu Besuch bei uns.“<br />

Ach so, Landadel, sagten die Blicke um sie herum verständnisvoll, weil sie so<br />

altmodisch angezogen und steif wie ein Stockfisch war. Ramis fühlte sich verhöhnt,<br />

man machte sich auf ihre Kosten lustig. Tatsächlich waren alle Damen hier ganz<br />

anders gekleidet als sie. Sie kam sich so fehl am Platze vor. Und sie benahmen sich<br />

auch viel zwangsloser als sie. Dann wandten sich die Männer einem Gespräch über<br />

die Grippe und die Politik zu. Anscheinend wurde von den Frauen erwartet, dass<br />

sie sich miteinander unterhielten. Ramis fiel nichts ein, also sagte sie das Erstbeste,<br />

was ihr in den Kopf kam.<br />

„Mögt Ihr Tiere, Mylady? Ich habe eine Katze zuhause.“<br />

Die Lady starrte sie fassungslos an und öffnete gerade den Mund, um etwas zu<br />

sagen, als die beiden Herren sich irritiert zu ihnen drehten. Sie musste wohl zu laut<br />

gesprochen haben. Sir Edward warf ihr einen verärgerten Blick zu und begrüßte<br />

dann einen weiteren Mann, der sich zu ihnen gesellte. Von nun an schwieg Ramis,<br />

doch sie spürte den Spott, den die Lady ihr zukommen ließ. Die Gespräche fanden<br />

ein unerwartetes Ende und im Saal wurde es still.<br />

In die Ruhe hinein rief ein Herold:<br />

„Ihre Majestäten, König William und Königin Mary!“<br />

Aller Augen richteten sich gewohnheitsmäßig auf die Monarchen und man<br />

bildete eine Gasse, um ihnen den Weg zum Thron freizumachen. Ramis musterte<br />

das Paar verstohlen. Die Königin war eine recht hübsche Frau mit dunklen Haaren.<br />

Sie trug ein sehr prächtiges Kleid mit ausladenden Ärmeln. Eine echte Stuart, wie<br />

ihr die Köchin einmal mitgeteilt hatte, nur eine protestantische. Im Gegensatz zu<br />

ihrem Vater, dem Exilkönig James II, war sie eine gute Protestantin, wie die<br />

Köchin stets betonte. Ihr Mann, König William III, war ein streng aussehender,<br />

hagerer Mensch, der einen ganz leichten Buckel hatte. Doch nicht das war es, was<br />

in Ramis sofort eine gewisse Abneigung auslöste. Sie konnte nicht sagen, woran es<br />

lag. Er machte vielleicht keinen einnehmenden Eindruck, aber es musste einen<br />

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