Elin Hirvi Dunkle Häfen - BookRix
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"Dennoch, machen wir uns eine schöne Zeit."<br />
"Nein!" Es war ein wenig lauter, aber er beachtete es nicht.<br />
Gemächlich drehte er sich zur Seite, um sein Wams über den Stuhl zu hängen.<br />
Ramis wusste nicht, woher sie auf einmal das Messer hatte. Eine eisige Kälte hatte<br />
sie erfasst. Es war ein wunderschöner Dolch mit edelsteinbesetzten Griff. Diesen<br />
einen Augenblick war ihre Hand so ruhig, als gäbe es das brodelnde Chaos in ihr<br />
nicht. Vollkommen nichtige Einzelheiten prägten sich ihr ein, während sie den Rest<br />
nicht richtig mitbekam. Sie sah einen Fingerabdruck auf dem Metall und eine Falte<br />
in Sir Edwards Hemd. Trotzdem holte sie ganz bewusst weit aus und stieß mit aller<br />
Kraft zu. Sie beobachtete, wie leicht das Messer in die Haut eindrang, leichter als in<br />
das Fleisch, das in der Küche geschnitten wurde. Wie in Butter.<br />
Das Ganze ereignete sich innerhalb weniger Sekunden und Sir Edward drehte<br />
sich gerade noch um, als er die blanke Klinge auf sich zusausen sah. Seine Augen<br />
weiteten sich, als sich der Dolch bis zum Heft in seine Seite bohrte. Ramis stand<br />
ganz dicht bei ihm und seine Hand krallte sich in ihre Schulter. Er blickte erstaunt<br />
auf den Knauf, der aus seiner Brust ragte und blickte anschließend in Ramis<br />
Gesicht, das der Wahnsinn auf seine seltsame Art entstellt hatte. Er wollte etwas<br />
sagen, doch kein Wort kam über seine Lippen, er bekam keine Luft mehr. Sie<br />
standen so nahe beieinander, dass es einer grotesken Umarmung glich. Die Zeit<br />
stand still. Ramis flüsterte etwas, an das sie sich später nicht mehr erinnerte.<br />
Inmitten dieser Ewigkeit lockerte sich Sir Edwards Griff und er rutschte langsam an<br />
ihr herunter. Als er zu ihren Füßen lag und sich nicht mehr regte, fingen ihre Hände<br />
an zu zittern und kurz darauf schlotterte sie am ganzen Körper. Sie sackte in sich<br />
zusammen, fiel neben ihn. Sie starrte in seine gebrochenen Augen, die etwas zu<br />
sehen schienen, was sie nicht erkennen konnte. Aus ihrem Mund kamen<br />
stammelnde Sätze, während sie ihre Finger in das Blut am Boden tauchte, das den<br />
Teppich durchtränkte. Überall war sein Blut. Schließlich stand sie auf und taumelte<br />
ziellos durchs Zimmer. An der Wand war eine leere Vorrichtung für eine Waffe,<br />
wo der Dolch gehangen hatte. Ramis wusste nicht, was sie tun sollte. Sie befestigte<br />
den Dolch wieder an der Wand.<br />
Marthas Entsetzensschrei von der Tür drang wie eine Explosion in diese in<br />
Bewegungslosigkeit erstarrte Welt ein. Martha war gekommen, um ihr Kind zu<br />
retten, doch sie war zu spät.<br />
"Was hast du getan!", schrie Martha außer sich.<br />
Unendlich lahm drehte Ramis den Kopf, und Martha fürchtete schon, das<br />
Mädchen würde auch sie angreifen. Ramis wirkte so fremd. Dann plötzlich schien<br />
sie aus ihrem Wahn zu erwachen. Ihre verhangenen Augen klärten sich und die<br />
Anspannung brach ihren Bann.<br />
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