Elin Hirvi Dunkle Häfen - BookRix
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der Regale und betrachtete die verschiedenen Buchrücken. Willkürlich wählte sie<br />
einen aus und mühte sich damit ab, den dicken Wälzer herauszuziehen. Sobald das<br />
geschafft war, trug sie das Buch zu einem Tisch, der an der Wand stand. 'Arzneien<br />
in jeder Lebenslage' stand in verzierten Lettern darauf. Es staubte, als sie es<br />
aufschlug und enthüllte vergilbte, fleckige Seiten, auf denen die Schrift kaum noch<br />
zu lesen war.<br />
Man nehme ein frisches Ei von einer Kreuzotter und vermische es mit dem Stiel<br />
eines Pilzes, den man um Mitternacht gepflückt hat und dem Herz einer schwarzen<br />
Katze und gebe es dem Kranken zu schlucken, konnte Ramis entziffern.<br />
Sie war höchst erstaunt, dass dieses Gebräu heilen sollte. Es schien vielmehr<br />
absolut ungenießbar, wenn nicht sogar giftig. Sie schaute nach, für was für eine<br />
Krankheit dieses Rezept gedacht war. Da stand doch tatsächlich: dieses Mittel ist<br />
anzuwenden im Falle eines Herzleidens oder der Pest. Aber Ramis wusste ganz<br />
sicher, dass es für die Pest kein Heilmittel gab. So ein Humbug! Sie las das nächste<br />
Rezept und das war nicht minder seltsam. Es entstand der Eindruck, dass die<br />
Zutaten willkürlich zusammengestellt waren, denn ein Kranker dürfte die meisten<br />
dieser Rezepturen nicht überleben. Der Verfasser dieses Buches musste ein<br />
Quacksalber und Scharlatan sein. Verärgert schlug sie das Buch wieder zu und<br />
stellte es zurück, obwohl sie fand, man sollte so ein Buch vernichten. Stattdessen<br />
holte sie ein anderes hervor. Es war ein dicker Band über Geschichte. Ramis schlug<br />
ihn auf und begann darin zu lesen. Wenn sie eine interessante Stelle fand, vertiefte<br />
sie sich ganz in den Inhalt. Es gab viele dramatische Berichte über Schlachten,<br />
Heldentaten oder die historischen Ereignisse vieler Jahrhunderte.<br />
Ramis vergaß ganz ihre Umgebung. Und so merkte sie nicht, dass sich die Tür<br />
öffnete und leise wieder schloss. Erst als das vernehmliche Rascheln von Kleidung<br />
zu hören war, fuhr sie überrascht auf. Sie nahm an, es wäre Lettice.<br />
„Ah, Lettice, du...“<br />
„Ich muss dich enttäuschen“, wurde sie unterbrochen, „aber ich bin nicht<br />
Lettice.“<br />
Beim Klang der unerwartet tiefen Stimme dicht hinter ihr durchzuckte sie ein<br />
furchtbarer Schreck. Verblüfft wirbelte sie herum und sprang auf. Ihr blieb fast das<br />
Herz stehen, als sie den Mann vor sich erkannte. Sir Edward. Er würde sie jetzt<br />
sicher bestrafen oder sogar aus dem Haus werfen, weil sie sich einfach wertvolle<br />
Bücher aus dem Regal genommen hatte. Entsetzt erwartete sie das Urteil, das sicher<br />
ihr Ende bedeuten würde.<br />
"Verzeihung, Sir", versuchte sie sich zu rechtfertigen. "Ich wollte nur..."<br />
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