01.11.2012 Aufrufe

Elin Hirvi Dunkle Häfen - BookRix

Elin Hirvi Dunkle Häfen - BookRix

Elin Hirvi Dunkle Häfen - BookRix

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

der Regale und betrachtete die verschiedenen Buchrücken. Willkürlich wählte sie<br />

einen aus und mühte sich damit ab, den dicken Wälzer herauszuziehen. Sobald das<br />

geschafft war, trug sie das Buch zu einem Tisch, der an der Wand stand. 'Arzneien<br />

in jeder Lebenslage' stand in verzierten Lettern darauf. Es staubte, als sie es<br />

aufschlug und enthüllte vergilbte, fleckige Seiten, auf denen die Schrift kaum noch<br />

zu lesen war.<br />

Man nehme ein frisches Ei von einer Kreuzotter und vermische es mit dem Stiel<br />

eines Pilzes, den man um Mitternacht gepflückt hat und dem Herz einer schwarzen<br />

Katze und gebe es dem Kranken zu schlucken, konnte Ramis entziffern.<br />

Sie war höchst erstaunt, dass dieses Gebräu heilen sollte. Es schien vielmehr<br />

absolut ungenießbar, wenn nicht sogar giftig. Sie schaute nach, für was für eine<br />

Krankheit dieses Rezept gedacht war. Da stand doch tatsächlich: dieses Mittel ist<br />

anzuwenden im Falle eines Herzleidens oder der Pest. Aber Ramis wusste ganz<br />

sicher, dass es für die Pest kein Heilmittel gab. So ein Humbug! Sie las das nächste<br />

Rezept und das war nicht minder seltsam. Es entstand der Eindruck, dass die<br />

Zutaten willkürlich zusammengestellt waren, denn ein Kranker dürfte die meisten<br />

dieser Rezepturen nicht überleben. Der Verfasser dieses Buches musste ein<br />

Quacksalber und Scharlatan sein. Verärgert schlug sie das Buch wieder zu und<br />

stellte es zurück, obwohl sie fand, man sollte so ein Buch vernichten. Stattdessen<br />

holte sie ein anderes hervor. Es war ein dicker Band über Geschichte. Ramis schlug<br />

ihn auf und begann darin zu lesen. Wenn sie eine interessante Stelle fand, vertiefte<br />

sie sich ganz in den Inhalt. Es gab viele dramatische Berichte über Schlachten,<br />

Heldentaten oder die historischen Ereignisse vieler Jahrhunderte.<br />

Ramis vergaß ganz ihre Umgebung. Und so merkte sie nicht, dass sich die Tür<br />

öffnete und leise wieder schloss. Erst als das vernehmliche Rascheln von Kleidung<br />

zu hören war, fuhr sie überrascht auf. Sie nahm an, es wäre Lettice.<br />

„Ah, Lettice, du...“<br />

„Ich muss dich enttäuschen“, wurde sie unterbrochen, „aber ich bin nicht<br />

Lettice.“<br />

Beim Klang der unerwartet tiefen Stimme dicht hinter ihr durchzuckte sie ein<br />

furchtbarer Schreck. Verblüfft wirbelte sie herum und sprang auf. Ihr blieb fast das<br />

Herz stehen, als sie den Mann vor sich erkannte. Sir Edward. Er würde sie jetzt<br />

sicher bestrafen oder sogar aus dem Haus werfen, weil sie sich einfach wertvolle<br />

Bücher aus dem Regal genommen hatte. Entsetzt erwartete sie das Urteil, das sicher<br />

ihr Ende bedeuten würde.<br />

"Verzeihung, Sir", versuchte sie sich zu rechtfertigen. "Ich wollte nur..."<br />

26

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!