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WELTBÜHNE<br />
Analyse<br />
ZÜNDELNDE<br />
SCHEICHS<br />
Katar will um jeden<br />
Preis ein Global<br />
Player sein. Um sich<br />
außenpolitisch zu<br />
profilieren, finanziert<br />
das Emirat isla mis tische<br />
Gruppen und legt sich<br />
mit seinem Nachbarn<br />
Saudi-Arabien an.<br />
Mit fatalen Folgen<br />
Von LINA KHATIB<br />
Illustrationen SIMON PRADES<br />
Der Emir ist kleinlaut geworden.<br />
Noch im Frühjahr hatte Katars<br />
Machthaber mit allen Mitteln<br />
versucht, eine bedeutendere politische<br />
Rolle in der Golfregion zu spielen. Nun<br />
steht sein Land unter Druck, insbesondere<br />
durch den regionalen Hauptrivalen<br />
Saudi-Arabien. Katar hat sich verkalkuliert<br />
– sowohl in Syrien als auch bei seiner<br />
Unterstützung für die Muslimbruderschaft<br />
in Ägypten.<br />
Alle Versuche, Baschar al Assads<br />
Regime in Syrien zu stürzen, sind bislang<br />
gescheitert. Die von Katar geförderten<br />
dschihadistischen Gruppen,<br />
insbesondere der Al-Qaida-Ableger Al-<br />
Nusra-Front, gelten in den USA und in<br />
anderen Golfstaaten inzwischen als Gefahr<br />
für die Stabilität des gesamten Nahen<br />
Ostens. In Ägypten unterdrückt<br />
die Regierung des Militärs Abdel Fatah<br />
al Sisi Katars Hauptverbündete – Hunderte<br />
Muslimbrüder wurden verhaftet<br />
und zum Tode verurteilt.<br />
EIGENTLICH KÖNNTE Katar sich einfach<br />
auf dem Reichtum ausruhen, den sich das<br />
Königreich durch seine Gas- und Erdölvorkommen<br />
erworben hat. <strong>Das</strong> Emirat,<br />
das kleiner als Thüringen ist und etwa<br />
halb so viele Einwohner hat, will sich<br />
aber nicht mit seinen internationalen<br />
Investitionen wie beim Automobilkonzern<br />
VW, dem Bauunternehmen Hochtief<br />
oder der Deutschen Bank begnügen.<br />
Es will vor allem aus dem Schatten des<br />
übermächtigen Nachbarn Saudi-Arabien<br />
heraustreten. Dafür sind dem Emirat alle<br />
Mittel recht – sei es die Fußball-WM ins<br />
eigene Land zu holen oder Islamisten zu<br />
finanzieren.<br />
Katars Streben nach größerer politischer<br />
Macht hat zu einer direkten<br />
Konfrontation mit dem saudischen Königreich<br />
geführt. Vorerst zog Katar dabei<br />
den Kürzeren und wurde von den<br />
Nachbarn wieder auf saudischen Kurs<br />
gebracht.<br />
2011 sah das noch anders aus. Die<br />
arabischen Aufstände waren für Katar<br />
eine willkommene Gelegenheit, sich als<br />
regionaler Player zu profilieren. Dabei<br />
setzten der Emir und seine Leute auf die<br />
Muslimbruderschaft: Sie war in Ägypten,<br />
Tunesien und Libyen die am besten organisierte<br />
politische Bewegung, und sie<br />
schien auch die Kraft mit den besten Erfolgsaussichten<br />
zu sein. So unterstützte<br />
das Emirat die Muslimbrüder mit kräftigen<br />
Finanzspritzen, später sollten sie<br />
einmal Katars Machtinteressen sichern.<br />
<strong>Das</strong> erwies sich als Fehlinvestition.<br />
In Libyen konnten die Muslimbrüder bei<br />
den Wahlen keine Mehrheit gewinnen, in<br />
Ägypten gewannen sie zwar, verspielten<br />
aber mit ihrem Versuch, ein Machtmonopol<br />
aufzubauen, schnell wieder alle<br />
Sympathien.<br />
Katar hielt weiter an ihnen fest. Mit<br />
fatalen Folgen. Saudi-Arabien, ein Erzrivale<br />
der Bruderschaft, förderte und<br />
finanzierte Sisis Militärputsch gegen<br />
Ägyptens Präsidenten Mohammed Mursi.<br />
Unter der Ägide Saudi-Arabiens beriefen<br />
drei Golfstaaten ihre Botschafter aus<br />
der katarischen Hauptstadt Doha zurück.<br />
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<strong>Cicero</strong> – 9. 2014