Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
KAPITAL<br />
Porträt<br />
AUS REISHÜLSEN GEBAUT<br />
Auf der Suche nach einem Ersatzstoff für Tropenhölzer hat Bernd Duna in Asien<br />
ein <strong>neue</strong>s Material entdeckt. Jetzt will er mit Resysta die Welt erobern<br />
Von TIL KNIPPER<br />
Bernd Duna hat schon mit 21 Jahren<br />
nach dem Tod seines Vaters den<br />
Familienbetrieb für Gartenmöbel<br />
übernehmen müssen, zusammen mit seinem<br />
Bruder Markus. Wenn man ihn fragt,<br />
was er heute macht, antwortet der inzwischen<br />
43-Jährige: „Ich bin Zulieferer für<br />
die Chemieindustrie.“ Dann schickt der<br />
stets gut gebräunte Duna sein schepperndes<br />
Lachen hinterher, das immer ein bisschen<br />
so klingt, als könne er selbst nicht<br />
ganz fassen, was da in den vergangenen<br />
Jahren passiert ist.<br />
Ihren Anfang hat die Geschichte dieses<br />
einschneidenden Strategiewechsels<br />
2005 in Asien. Bernd Duna, Typ wohlgenährter<br />
Surfer mit schulterlangem Haar,<br />
ist auf der Suche nach einem Ersatzstoff<br />
für Tropenhölzer, die aufgrund ihrer<br />
Härte und Beständigkeit beim Bau von<br />
Gartenmöbeln breite Verwendung finden.<br />
Für Duna ist das ein Problem, weil seine<br />
Kunden einerseits hohe Materialansprüche<br />
stellen, andererseits mit dem Kauf<br />
ihrer Gartenmöbel nicht zur Abholzung<br />
des Regenwalds beitragen wollen. „Ich<br />
war es selbst leid, Tropenhölzer zu kaufen,<br />
bei denen ich die Herkunft nie hundertprozentig<br />
nachvollziehen konnte und<br />
deren Preise unaufhaltsam nach oben<br />
gingen“, sagt Duna.<br />
Die Lösung seines Problems hat<br />
Duna in Malaysia gefunden. Über einen<br />
Bekannten lernt er den Chemiker<br />
Alexander Siu kennen. Der experimentiert<br />
in seinem Familienbetrieb damals<br />
schon seit geraumer Zeit mit einem Holzersatzstoff<br />
herum, der aus Reishülsen<br />
und PVC besteht. Siu zeigt Duna sein<br />
Referenzobjekt, einen „Reis“-Steg in<br />
Hongkong, der seit sieben Jahren ununterbrochen<br />
Sonne und Salzwasser ausgesetzt<br />
ist. „Die schlimmsten Bedingungen,<br />
die man sich vorstellen kann“, sagt Duna.<br />
Aber das Material sieht aus wie neu: Es ist<br />
nicht aufgequollen, nicht verbogen, splittert<br />
nicht und die Farbe ist unverändert.<br />
„Es fehlte nur noch der echte Touch and<br />
Feel von Holz“, sagt Duna, ein großer<br />
Freund der Anglizismen.<br />
Gemeinsam entwickelten Duna und<br />
Siu das Reisholz weiter. Optik, Haptik<br />
und das Herstellungsverfahren werden<br />
verbessert. <strong>Das</strong> Ergebnis heißt Resysta<br />
und besteht zu 60 Prozent aus Reishülsen,<br />
zu 22 Prozent aus Steinsalzen und<br />
zu 18 Prozent aus Mineralöl. Marktreife<br />
erreichte ihr <strong>neue</strong>r Werkstoff 2007, als<br />
sie ihren ersten Stuhl aus Resysta verkauften.<br />
2009 kamen die ersten Bodendielen<br />
hinzu. Nachdem die Materialentwicklung<br />
noch unter dem Dach der vom<br />
Vater gegründeten Firma MBM stattgefunden<br />
hatte, gründeten Duna und Siu<br />
2011 die Firma Resysta International in<br />
Taufkirchen bei München.<br />
Glaubt man Duna, sind die Einsatzmöglichkeiten<br />
für Resysta fast unbegrenzt:<br />
Nicht nur für Gartenmöbel,<br />
sondern auch für Hausfassaden, Bäder,<br />
Zäune, Türen, Fenster, Böden und Bootsdecks<br />
sei das wasserfeste, trittsichere Resysta<br />
wegen seiner Witterungsbeständigkeit<br />
geeignet.<br />
In der Tat stößt das <strong>neue</strong> Material<br />
bei Kunden auf großes Interesse: Internationale<br />
Konzerne wie McDonalds, Starbucks<br />
und Tchibo nutzen bereits Möbel<br />
aus Resysta in ihren Außenbereichen,<br />
und auch das Disney Resort in Orlando<br />
hat 1000 Gartenstühle aus dem <strong>neue</strong>n<br />
Werkstoff aufgestellt. Luxushotels in<br />
China, Miami und Südtirol haben ihre<br />
Wellnessbereiche mit Resysta verkleidet.<br />
Schon dieses Jahr rechnet Duna mit einem<br />
Umsatz von 20 Millionen Euro, den<br />
er in den kommenden drei bis vier Jahren<br />
auf 250 Millionen Euro steigern will.<br />
Nur von der ursprünglichen Idee,<br />
die gesamte Wertschöpfung alleine<br />
auszureizen – von der Herstellung des<br />
Werkstoffs bis hin zu dessen Veredelung –<br />
musste sich Duna verabschieden: „<strong>Das</strong><br />
hätten wir finanziell gar nicht stemmen<br />
können.“ Stattdessen liefert er das im eigenen<br />
Werk in Malaysia erstellte Pulver<br />
aus Reishülsen und einer geheimen Formel<br />
aus Additiven an Chemieunternehmen<br />
wie Ineos in der Schweiz oder Westlake<br />
in den USA. Die fügen Steinsalze<br />
und PVC hinzu und verkaufen es als<br />
Granulat an Möbel- und Fensterhersteller<br />
wie Schüco oder Salamander, die es<br />
erhitzen und nach eigenem Bedarf pressen<br />
und formen können.<br />
<strong>Das</strong> Geschäftsmodell hat sich Duna<br />
bei Gore-Tex abgeguckt. „Dieser atmungsaktive,<br />
wasserdichte Stoff war ein<br />
tolles Produkt, aber richtig erfolgreich<br />
wurde die Firma erst, als sie es an andere<br />
große Hersteller verkaufte. Wir wollen<br />
das Gore-Tex der Holzindustrie werden“,<br />
sagt Duna. Um Qualität und Materialzusammensetzung<br />
garantieren zu können,<br />
verpflichtet Duna jedes Partnerunternehmen,<br />
den „Made of Resysta“-Button zu<br />
verwenden.<br />
TIL KNIPPER leitet das Ressort Kapital bei<br />
<strong>Cicero</strong>, besitzt aber mangels Balkons oder<br />
eigener Terrasse gar keine Gartenmöbel<br />
MYTHOS<br />
MITTELSTAND<br />
Was hat Deutschland,<br />
was andere nicht haben?<br />
Den Mittelstand!<br />
<strong>Cicero</strong> stellt in jeder Ausgabe<br />
einen mittelständischen<br />
Unternehmer vor.<br />
Die bisherigen Porträts<br />
finden Sie unter:<br />
www.cicero.de/mittelstand<br />
Foto: Dirk Bruniecki für <strong>Cicero</strong><br />
84<br />
<strong>Cicero</strong> – 9. 2014