Mitteilungen 77 - Geschichte in Schleswig-Holstein
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Vorbehalte gegenüber Deutschland verstehen und damit bei ihrer Überw<strong>in</strong>dung<br />
helfen können.<br />
Von 1990-93 folgte e<strong>in</strong>e dreijährige Assistenzprofessur an der Universität<br />
Århus. In dieser Zeit entstand das Werk, das Steen Bo Frandsen <strong>in</strong> Dänemark<br />
bekannt machte: “Opdagelsen af Jylland. Den regionale dimension i<br />
Danmarkshistorien 1814-1864” – die Entdeckung Jütlands. Die regionale<br />
Dimension der dänischen <strong>Geschichte</strong> 1814-1864. Diese Habilitationsschrift<br />
setzte <strong>in</strong> Dänemark neue Maßstäbe. Hier stellte Frandsen die Zwangsläufigkeit<br />
der historischen Entwicklung zum dänischen Zentralstaat <strong>in</strong> Frage und<br />
untersucht regionale und regionalistische Initiativen und Bewegungen, die<br />
auch föderative Entwicklungen ermöglicht hätten. Das umfassende Werk<br />
ist <strong>in</strong> Dänemark mit gemischten Gefühlen aufgenommen worden, stellt es<br />
doch zahlreiche bisherige Grundannahmen im dänischen Geschichtsverständnis<br />
<strong>in</strong> Frage.<br />
Steen Bo Frandsen zog es wieder nach Italien. E<strong>in</strong> Jahr arbeitete er als<br />
Jean Monnet Fellow am Europäischen Hochschul<strong>in</strong>stitut <strong>in</strong> Florenz, dann<br />
sechs Jahre als Wissenschaftler am Dänischen Institut <strong>in</strong> Rom und veröffentliche<br />
e<strong>in</strong>ige Werke zur italienischen Regionalgeschichte sowie das Buch<br />
Das Dritte Rom – Stadtentwicklung und Macht<strong>in</strong>szenierung, über den<br />
Ausbau Roms zur Hauptstadt des gee<strong>in</strong>ten Italien nach 1870.<br />
Seit Januar 2008 ist er Gastprofessor am Institut für Grenzregionsforschung<br />
der Süddänischen Universität <strong>in</strong> Sønderborg, und arbeitet an e<strong>in</strong>em<br />
von der Velux-Stiftung f<strong>in</strong>anziertem Forschungsprojekt über die deutschdänischen<br />
Beziehungen im 20. Jahrhundert.<br />
Das heute zu ehrende Werk entstand durch e<strong>in</strong> Forschungsstipendium<br />
der Carlsberg Stiftung. Ausgangspunkt für das Werk war die Tatsache, dass<br />
das Herzogtum Holste<strong>in</strong> bisher <strong>in</strong> der dänischen Historiographie e<strong>in</strong> Schattendase<strong>in</strong><br />
geführt hat, trotzdem es mehrere Jahrhunderte mit der dänischen<br />
Krone verbunden war. Hier ist natürlich der dänische Fokus auf <strong>Schleswig</strong><br />
verantwortlich, als dem Teil der Herzogtümer, wo der nationale Konflikt<br />
zwischen Deutsch und Dänisch kulm<strong>in</strong>ierte, und um dessen Territorium<br />
letztendlich die beiden schleswigschen Kriege geführt wurden. Während<br />
die dänische Geschichtsauffassung <strong>Schleswig</strong> als eigentlich dänisches Territorium<br />
auffasste, galt Holste<strong>in</strong> als deutsch – e<strong>in</strong>e Trennung, die aber erst<br />
durch die Nationalisierung der Regionen und ihrer vormals dom<strong>in</strong>anten<br />
regionalen Identitäten im 19. Jahrhundert wirksam wurde.<br />
Steen Bo Frandsen zeigt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Studie auf, dass diese Entwicklung<br />
nicht vorherbestimmt war, und dass die Charakterisierung der Herzogtümer<br />
nach re<strong>in</strong> nationalen Kriterien zahlreiche andere Kriterien verdrängt<br />
und übersieht. Er zeigt auf, dass bis <strong>in</strong> die 1840er Jahre für viele Holste<strong>in</strong>er<br />
die Verb<strong>in</strong>dung mit Dänemark e<strong>in</strong>e Selbstverständlichkeit war, obgleich sie<br />
sich e<strong>in</strong>deutig dem deutschen Kulturkreis zugehörig fühlten. Und auch,