Mitteilungen 77 - Geschichte in Schleswig-Holstein
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e<strong>in</strong>e Zukunft hätten, und setzte damit den Kurs für die folgenden zwei<br />
Tage. Tibbles zeigte auf, wie sich mit dem Wandel der Seefahrt, Hafenstädte<br />
und Küstenregionen auch das Umfeld maritimer Museen und damit<br />
die Zielgruppen und Nutzer dieses spezifischen Museumstyps grundlegend<br />
gewandelt haben. Hatte bislang e<strong>in</strong> Großteil der Besucher maritimer Museen<br />
selber e<strong>in</strong>en engen persönlichen Bezug zur Seefahrt, so ist heute e<strong>in</strong>e<br />
gewachsene Distanz festzustellen. Die Herausforderung, denen sich Schifffahrtsmuseen<br />
heute daher stellen müssen, ist, die Distanz zwischen der<br />
maritimen Wirklichkeit und der Erfahrungswelt an Land zu überbrücken<br />
und verstärkt die Bedeutung aufzuzeigen, die e<strong>in</strong>e global agierende Seefahrt<br />
für den Alltag der allermeisten Menschen heute hat. Tibbles unterstrich,<br />
dass dies nur möglich ist, wenn die Museen ihre traditionell eher objektzentrierte<br />
Ausrichtung ablegen und stattdessen themenzentrierte Strategien<br />
entwickeln, die sich an den Interessen und Erfahrungen der aktuellen und<br />
potentiellen Museumsbesucher orientieren.<br />
Der zweite Tagungstag griff diesen Faden mit Blick auf die beiden musealen<br />
Kernthemen vom Sammeln und Ausstellen auf. Norbert Fischer<br />
(Universität Hamburg) betrachtete <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Beitrag das Umfeld, <strong>in</strong> dem<br />
sich maritime Museen bewegen. Se<strong>in</strong>e Fallstudien verdeutlichten, wie vor<br />
dem H<strong>in</strong>tergrund e<strong>in</strong>es wirtschaftlichen und sozialen Strukturwandels die<br />
Regionen der Nordseeküste symbolisch als „maritim“ gekennzeichnet und<br />
rekonstruiert werden, wobei das „Maritime“ im Spannungsfeld zwischen<br />
kollektiver Er<strong>in</strong>nerung und populären Vorstellungsbildern def<strong>in</strong>iert wird.<br />
Die Begleitung, Reflexion und Moderation dieses Diskurses wäre für maritime<br />
Museen e<strong>in</strong> wichtiges Aufgabenfeld. Torkil Adsersen (Handels- og<br />
Søfartsmuseet, Kronborg) nahm sich der Frage nach dem „Maritimen“ aus<br />
dem Blickw<strong>in</strong>kel der Sammlungspolitik an. Se<strong>in</strong>e Hauptthese war, dass<br />
nicht das Objekt selbst, sondern se<strong>in</strong> Bezug zur maritimen Wirklichkeit<br />
se<strong>in</strong>e „Maritimität“ def<strong>in</strong>iert, weshalb Adsersen vorschlug, nicht von maritimen<br />
Objekten, sondern von maritimen Beziehungen zu sprechen. So gesehen<br />
werden Objekte zu Mittlern, deren jeweilige <strong>Geschichte</strong>n dabei helfen<br />
können, die Distanz zwischen maritimer Wirklichkeit und Vorstellung zu<br />
überbrücken. Sonja K<strong>in</strong>zler (Universität Bremen) und Anne Dombrowski<br />
(Flensburger Schiffahrtsmuseum) zeigten daran anschließend mögliche<br />
Forschungsperspektiven e<strong>in</strong>er maritimen Sachkulturforschung auf.<br />
Wie sich <strong>Geschichte</strong>n von der Seefahrt im Museum jenseits der bekannten<br />
„Vitr<strong>in</strong>en-Meere“ erzählen lassen, stand im Mittelpunkt des zweiten<br />
Themenblocks. Die Überlegungen und Praxisbeispiele von Benjam<strong>in</strong> Asmussen<br />
(Handels- og Søfartsmuseet på Kronborg), Vesa Lepisto (Heureka<br />
- The F<strong>in</strong>nish Science Centre, Hels<strong>in</strong>ki) und Heike Ritter-Eden (Deutsches<br />
Sielhafenmuseum Carol<strong>in</strong>ensiel) führten e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>drucksvolles Spektrum lebendiger<br />
Ausstellungskonzepte vor Augen.