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Kreide-fuer-den-Wolf_Roland-Baader

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alismus”)? (Es müssen dort also – wie nicht anders möglich –<br />

Technik und Moral zerfallen sein.) Anders gesagt: Wenn ein Volk<br />

einen hohen kulturell-zivilisatorischen Standard erreicht hat, dann<br />

weil es die „richtigen” oder geeigneten Werte entwickelt und übernommen<br />

hat (auch die sittlich-ethischer Natur, <strong>den</strong>n alle „Werte”<br />

haben mit Sittlichkeit und Ethos zu tun), und nicht, weil es einer<br />

„eigentlich erforderlichen Werte-Vollkommenheit” technischzivilisatorisch<br />

vorausgeeilt wäre. 145<br />

Wenige Zeilen später stößt <strong>den</strong>n Toynbee auch auf die wahren<br />

Gründe seines und unseres „Unbehagens”: „Als die Bedürfnisse<br />

der Technik die Gründer der frühesten Kulturen zwangen,<br />

menschliche Arbeitskräfte in größerem Umfang zusammenzuziehen,<br />

erfan<strong>den</strong> sie [„fan<strong>den</strong>” wäre besser! D. V.] eine neue soziale<br />

Einrichtung: unpersönliche Institutionen. Diese können größere<br />

Gemeinschaften verwalten und versorgen, <strong>den</strong>n sie ermöglichen<br />

die Zusammenarbeit von Menschen, die sonst nichts miteinander<br />

zu tun haben. Aber institutionalisierte gesellschaftliche Beziehungen<br />

sind kühl und zerbrechlich. Der Mensch fühlt sich in ihnen nie<br />

so wohl wie im Rahmen persönlicher Beziehungen [...].” 146 Jetzt<br />

ist der große Denker – vielleicht unbewußt – zweifach auf dem<br />

Punkt: bei der Arbeitsteilung – und bei <strong>den</strong> Instinkten (beim<br />

„Wohlbefin<strong>den</strong>”). Was hat Arbeitsteilung mit Instinkt zu tun? Auf<br />

<strong>den</strong> ersten Blick gar nichts, <strong>den</strong>n:<br />

Arbeitsteilung ist nichts für Affen:<br />

Wenn jedermann sein eigenes Radio basteln müßte, hätte keiner<br />

eines; allenfalls einige begabte Elektrotechniker, und auch die erst<br />

nach langer Arbeit. Die simple Tatsache, daß ein Mann nur <strong>den</strong><br />

technischen Entwurf aufzeichnet, ein anderer nur bohrt, ein dritter<br />

nur lötet und ein vierter nur Knöpfe drückt, beschert uns (aus vielerlei<br />

Grün<strong>den</strong>) als Resultat, daß ein jeder ein Radio besitzt, mancher<br />

sogar mehrere; und daß dieser Apparat für <strong>den</strong> Gegenwert von nur<br />

wenigen Arbeitsstun<strong>den</strong> erschwinglich ist. Einer Affenhorde würde<br />

eine derart subtile Art von Arbeitsteilung niemals einfallen – mit<br />

dem Ergebnis, daß sie nichts zuwege bringt, was auch nur entfernt<br />

etwas mit Zivilisation oder Kultur zu tun hat. Eine Affenhorde verhält<br />

sich sicher in vielfältiger Hinsicht „gemeinnützig” im Sinne<br />

von „der Gemeinschaft/Horde nützlich”, aber kein Affe wird je begreifen,<br />

daß er seiner Gemeinschaft unendlich viel nützlicher – auch<br />

viel „gemeinnütziger” sein könnte, wenn die Horde sich arbeitsteilig<br />

organisieren würde (wenn sie groß genug wäre). Der Affe lebt<br />

eben nur in der „Kleinen Welt”. Wir aber leben in zwei Welten.<br />

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