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Kreide-fuer-den-Wolf_Roland-Baader

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nicht entstehen können.<br />

Man halte dieses Begriffsspiel nicht für sophistisch oder unwichtig.<br />

Hätten die Völker Osteuropas begriffen, daß es „demokratischen<br />

Sozialismus” niemals geben kann und daß es sich bei<br />

diesem Unbegriff nur um Etikettenschwindel handeln kann (es ist<br />

dann nämlich entweder „demokratisch” falsch definiert – oder<br />

aber „Sozialismus”), dann hätten sie von der ersten Stunde ihrer<br />

Revolution an Demokratie und Marktwirtschaft gefordert und erkämpft.<br />

Die Dichter und Pfarrer wären dann bei ihren Gedichten<br />

und Brevieren geblieben, anstatt mit ihren Sprüchen von „Demokratie<br />

in einem neuen, besseren Sozialismus” zu Kultfiguren eines<br />

Weges zu wer<strong>den</strong>, der nur vom Sumpf in die Jauche führen kann.<br />

Dieser Umweg der Illusionsschwätzer hat die Völker Monate und<br />

Jahre an enttäuschten Hoffnungen und fortschreitendem Zerfall<br />

gekostet – und <strong>den</strong> Westen ungezählte Milliar<strong>den</strong> an Steuergeldern.<br />

Was die Menschen nach vierzig (bzw. siebzig) Jahren<br />

Knechtschaft brauchen, ist auch Demokratie, aber zugleich und<br />

vorrangig Rechtsstaatlichkeit und kompromißlose Wirtschaftsfreiheit.<br />

Als die längste und schrecklichste Zuchthausmauer der<br />

deutschen Geschichte gesprengt war, hinter der man achtzehn Millionen<br />

Menschen jahrzehntelang in einem Treibhaus der Lüge und<br />

des Terrors eingesperrt hatte, da verstrichen kostbare sechs Monate<br />

mit dem spiegelfechterischen Demokratie-Gesäusel der Gulag-<br />

Mafia, mit dem sie die revoltieren<strong>den</strong>, aber ratlosen Massen von<br />

weiteren Schritten in die Freiheit abhalten wollte. Hinter <strong>den</strong> Parolen<br />

von „Mehr Demokratie im Sozialismus” und vom „Neuen demokratischen<br />

Sozialismus” sollte die alte Suppe der Sklaverei neu<br />

aufgekocht wer<strong>den</strong>. Demokratie läßt sich nämlich nicht über<br />

Nacht einführen, sehr wohl aber freie Märkte (und freie Märkte<br />

ziehen die Demokratie nach sich wie der Blitz <strong>den</strong> Donner). Mit<br />

dem Ablenkungsmanöver „Allmählicher Übergang zu demokratischen<br />

Strukturen” läßt sich also Zeit schin<strong>den</strong>. Kostbare Zeit für<br />

das Millionenheer von Funktionären der zweiten, dritten und unteren<br />

Führungsebene, um ihre Vermögen sichern und ihre Positionen<br />

festmauern zu können. So ist die eigentlich fällige Revolution<br />

im Osten unseres Vaterlandes <strong>den</strong>n ausgefallen: das Zerschlagen<br />

der gesamten Funktionärshierarchie bis hinunter zum kleinsten<br />

miesen Betriebsspitzel. So wird folglich die alte Herrenkaste – mit<br />

Ausnahme der wenigen Köpfe der obersten Politbonzen-Riege –<br />

auf Jahre hinaus auch die neue bleiben.<br />

Der russische Wirtschaftswissenschaftler Professor Stanislaw<br />

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