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Kreide-fuer-den-Wolf_Roland-Baader

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Protestanten, Schwerhörige oder Hühnerzüchter.<br />

So kamen <strong>den</strong>n auch im Frühkapitalismus die Unternehmer – in<br />

einer vertikal durchlässig gewor<strong>den</strong>en Gesellschaft – aus allen<br />

Bevölkerungsschichten. Ein Barbier (Richard Arkwright) wurde<br />

der reichste und einflußreichste Baumwoll-Weber, ein Kneipenwirt<br />

(Peter Stubs) errichtete einen großen Garn-Konzern, und ein<br />

Schulmeister (Samuel Walker) wurde die führende Figur in der<br />

Eisenindustrie Nor<strong>den</strong>glands. 269 Adlige, Geistliche, Beamte, Soldaten<br />

und Bauern, ja sogar ehemalige Landarbeiter entdeckten und<br />

ersannen in <strong>den</strong> wachsen<strong>den</strong> Menschen-Agglomerationen neue<br />

Techniken, Chancen, Marktlücken, Produktions- und Handelssparten.<br />

Der Glaube an Erfindungsgeist und Fortschritt, der durch<br />

die Newton‟sche Naturlehre ungeahnten Auftrieb gewonnen hatte,<br />

trieb sie alle zum Aufbruch in bislang unbekannte Tätigkeitsfelder.<br />

Das Vorbild der ersten Pioniere machte Schule und zog unzählige<br />

Imitatoren nach sich. Viele scheiterten früher oder später,<br />

doch ebensoviele waren erfolgreich und erwarben große, mittlere<br />

oder beschei<strong>den</strong>e Vermögen. Gerade diese Ungleichheit der Einkommen<br />

und Vermögen jedoch war (und ist) in mehrfacher Hinsicht<br />

eine weitere wesentliche Bedingung für die Geburt und die<br />

Entwicklung des neuen technischen Zeitalters: Zum einen boten<br />

die sichtbaren Aufstiegschancen und Abstiegsrisiken Anreize und<br />

Motivationen für eine Vielzahl von Nachahmern; zum zweiten<br />

wird bei divergieren<strong>den</strong> Vermögensverhältnissen mehr gespart –<br />

und Sparen war (und ist) die Voraussetzung für eine hohe Kapitalbildung<br />

(sprich: Produktivitätsfortschritt); zum dritten beginnt<br />

eine jede industrielle Entwicklungsphase mit der Produktion zunächst<br />

noch teurer Güter, welche auf eine relativ wohlhabende<br />

Käuferschicht stoßen müssen. (Anfänglich existiert noch keine<br />

Massenkaufkraft, welche die Produktion von Massengütern lohnend<br />

machen könnte. Also wer<strong>den</strong> zunächst Luxusgüter für die<br />

Wohlhaben<strong>den</strong> im In- und Ausland hergestellt. Erst im Anschluß<br />

daran wer<strong>den</strong> – durch allmählich sinkende Produktionskosten und<br />

allmählich steigende Einkommen breiter Schichten – Investitionen<br />

in Massenfabrikationen rentabel.) In einer Elendsgesellschaft jedoch,<br />

die sich erst am Beginn der technisch-ökonomischen Entwicklung<br />

befindet, wer<strong>den</strong> Unterschiede zwischen arm und reich –<br />

oder auch nur zwischen arm und auskömmlich – deutlich sichtbar<br />

und schmerzlich empfun<strong>den</strong>. Die Mär von der Profitgier der frühkapitalistischen<br />

Unternehmer jedoch ist (bis auf die wenigen Ausnahmen,<br />

die es immer gab und immer geben wird) eine der wi-<br />

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