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Kreide-fuer-den-Wolf_Roland-Baader

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mir davon abzuhängen, ob wir jetzt, vorher noch erkennen können,<br />

warum und wie die Gefahr getarnt ist, was die <strong>Kreide</strong> für <strong>den</strong><br />

<strong>Wolf</strong> ist, und wie und warum er sie anwendet. „Noch ist es Tag,<br />

da rühre sich der Mann! Die Nacht tritt ein, wo niemand wirken<br />

kann.” (Goethe, Buch der Sprüche).<br />

Das Unwissen in der Bevölkerung um ökonomische Vorgänge<br />

– und damit um die Essenz aller Politik – ist grenzenlos. Das sage<br />

ich nicht als ein von Hochmut und Überheblichkeit Befallener,<br />

sondern mit der Beschei<strong>den</strong>heit eines Ökonomen, der – mit Haut<br />

und Haaren der sokratischen Demut verpflichtet – weiß, daß er<br />

von weit mehr als 99,99 Prozent der Dinge in der Welt nichts versteht,<br />

und der sich stets bemühen muß, wenigstens in seinem eigenen<br />

Fachgebiet halbwegs auf dem Laufen<strong>den</strong> zu bleiben. Wie soll<br />

auch ein Arzt, ein Künstler, ein Dachdeckermeister, ein Installateur<br />

oder Kfz-Mechaniker, die jeweils auf ihrem Gebiet oder an<br />

ihrem Arbeitsplatz hervorragende Fachleute oder gar Experten<br />

sein mögen, grundlegende ökonomische Kenntnisse haben können.<br />

Das zu erwarten, wäre genauso absurd wie anzunehmen, ein<br />

Nationalökonom könnte einen Blinddarm operieren oder Löwen<br />

im Zirkus bändigen. Aber: Unkenntnis in Chirurgie oder im Wickeln<br />

einer Elektrospule beeinflußt nicht die politischen Geschicke<br />

eines Landes; da jeder einzelne von uns aber Wähler ist, und<br />

Politik überwiegend aus Ökonomie besteht, hat Unkenntnis in<br />

Wirtschaftsfragen sehr wohl eine immense politische Dimension.<br />

Es ist deshalb unerläßliche Pflicht eines je<strong>den</strong> freiheitlich gesinnten<br />

Bürgers, die elementaren Grundlagen der demokratischmarktwirtschaftlichen<br />

Ordnung, in der er lebt, zu kennen, wenn er<br />

sie für sich und alle anderen erhalten will. Das Lesen der Leitartikel<br />

und das Anhören der Nachrichten-Kommentare reicht hierzu<br />

nicht aus. Es bedarf der zusätzlichen Lektüre leicht verständlicher<br />

Fachliteratur. Das ist – ich weiß – viel verlangt, <strong>den</strong>n es erfordert<br />

Zeit- und Energieaufwand neben dem ohnehin überstrapazierten<br />

Lastenbudget des Berufes, der Familie und der Steckenpferde (oder<br />

ggf. der Schule und des Studiums). Aber: Wer nicht weiß, was<br />

„Grand”, „Ramsch”, „Schneider”, „Drücken”, „Reizen”, „Schieben”<br />

und „Mauern” beim Skat bedeutet, der sollte sich auch nicht<br />

in ein laufendes Spiel mit Ratschlägen und Besserwisserei einmischen,<br />

sondern sein Maul halten. Und wer sich nicht bemühen<br />

will, die Grundbegriffe der Freiheit, der Demokratie, des Rechts<br />

und der Ökonomie – und damit der politischen Existenz des Menschen<br />

überhaupt – kennenzulernen, der möge ebenfalls schweigen,<br />

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