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Kreide-fuer-den-Wolf_Roland-Baader

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Doch dessen Frucht uns Lust bereitet,<br />

Wenn man ihn bindet und beschneidet,<br />

Genauso uns das Laster nutzt,<br />

Wenn das Gesetz es kappt und stutzt, […]<br />

Mit Tugend bloß kommt man nicht weit;<br />

Wer wünscht, daß eine gold‟ne Zeit<br />

Zurückkehrt, sollte nicht vergessen:<br />

Man mußte damals Eicheln essen.”<br />

Natürlich ist Mandevilles These, private Laster seien öffentliche<br />

Vorteile, eine Übertreibung insofern, als er alles unter <strong>den</strong> Begriff<br />

„Laster” einordnet, was eigennützigen Zwecken dient (Hayek<br />

nannte sie einmal „die Übertreibung einer guten Idee”). Wichtig<br />

aber bleibt seine (frühe!) Erkenntnis, daß in der komplexen Ordnung<br />

der „Gesellschaft” die Individuen bei der Verfolgung ihrer<br />

eigenen Ziele (ob egoistischer oder altruistischer) nützliche Ergebnisse<br />

für andere und für alle bewirken. Und zwar Ergebnisse,<br />

die niemand vorhergesehen hat oder kennen konnte. Ja, Mandeville<br />

erkennt sogar (das beweisen seine späteren Arbeiten), daß alles,<br />

was wir Kultur nennen, das Ergebnis individueller Bemühungen<br />

ist, die niemand bewußt angestrebt und deren Ergebnisse niemand<br />

gekannt oder vorausgesehen hat, also daß Kultur nicht das<br />

Ergebnis rationalen Entwurfs ist. 91<br />

Je<strong>den</strong>falls mögen sich alle Nutznießer einer freien und wohlhaben<strong>den</strong><br />

Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung, die stets über die<br />

Fehler und Mängel des „Kapitalismus” zu lamentieren haben, die<br />

Mandeville‟sche Mahnung und Hoffnung ins Stammbuch schreiben,<br />

„daß diejenigen, die so sehr an Bequemlichkeit und Komfort<br />

hängen und sich alle Errungenschaften einer großen und blühen<strong>den</strong><br />

Nation so gern aneignen, dazu gebracht wer<strong>den</strong> möchten, geduldiger<br />

jene Übelstände zu ertragen, die keine Regierung auf Er<strong>den</strong><br />

beseitigen kann, – sobald sie nämlich die Unmöglichkeit sehen,<br />

ein gut Teil jener ersten zu genießen, ohne zugleich diese<br />

letzten mit in Kauf zu nehmen” 92 .<br />

Leider kann man es jenen „bedeutendsten Köpfen aller Zeiten”<br />

(Friedrich Engels über die Frühsozialisten) nicht mehr ins Stammbuch<br />

schreiben, welche die Paradiese erfin<strong>den</strong> wollten und nur die<br />

Gulags und KZs erfun<strong>den</strong> haben.<br />

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