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Kreide-fuer-den-Wolf_Roland-Baader

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gesellschaftlichen Organismus erschlagen hat. [...] Will man <strong>den</strong><br />

Kollektivismus zur Tatsache machen, dann müßte man alles gesellschaftliche<br />

Leben zuerst ertöten und dann <strong>den</strong> kollektiven<br />

Staat aufbauen. Die Bolschewiken <strong>den</strong>ken ganz folgerichtig, wenn<br />

sie zuerst alle überkommenen gesellschaftlichen Bindungen auflösen<br />

und <strong>den</strong> in ungezählten Jahrtausen<strong>den</strong> aufgerichteten Gesellschaftsaufbau<br />

niederreißen wollen, um auf <strong>den</strong> Trümmern einen<br />

Neubau aufzuführen. [...] Organisationen sind nur soweit möglich,<br />

als sie sich nicht gegen das Organische kehren und es nicht verletzen.<br />

Alle Versuche, <strong>den</strong> lebendigen Willen der Menschen in ein<br />

Werk einzuspannen, dem er nicht dienen will, müssen scheitern.”<br />

84<br />

Bei dieser Gelegenheit noch einen Mises‟schen Satz, der nicht<br />

ganz offensichtlich (nichtsdestoweniger aber konsequent) in <strong>den</strong><br />

vorstehen<strong>den</strong> Zusammenhang paßt: „Ein Untergang der ökonomischen<br />

Gesellschaft, die sich unter dem Einfluß des langsam aufkeimen<strong>den</strong><br />

liberalen Gedankens seit zweihundert Jahren zu bil<strong>den</strong><br />

begonnen hat, würde eine Weltkatastrophe darstellen, die sich mit<br />

nichts, was die uns bekannte Geschichte enthält, auch nur im entferntesten<br />

vergleichen läßt. Kein Volk bliebe von ihr verschont.” 85<br />

Das schrieb Mises in dem Jahr, in dem Stalin das Amt des Generalsekretärs<br />

seiner Partei übernahm (1922) und ein bis zwei Jahrzehnte<br />

vor Hitler und dem Zweiten Weltkrieg.<br />

Beim Thema der großen Antinomie zwischen Organismus und<br />

Organisation sollte auch der bedeutende Jurist und Theoretiker des<br />

Rechtsstaats, Franz Böhm, wenigstens mit einem kurzen Zitat bedacht<br />

wer<strong>den</strong>: „[...] die Anhänger des Rechtsstaats [setzen] ihr<br />

Vertrauen in einige wenige lapidare Grundmaximen des Gesetzes<br />

(der Rechtsordnung) und in einige wenige Spielregeln, <strong>den</strong>en sie<br />

die Kraft zutrauen, eine Gesellschaft freier Menschen sehr verschie<strong>den</strong>er<br />

Kulturstufe, verschie<strong>den</strong>er Denkweise und verschie<strong>den</strong>er<br />

Zeitalter zu ordnen. Die Anhänger des Wohlfahrtsstaates dagegen<br />

vertrauen im Grunde allein der bewußten Organisation,<br />

dem lenken<strong>den</strong> und gestalten<strong>den</strong> politischen Willen.” 86<br />

Doch jetzt laufen wir Gefahr, vom Thema abzuschweifen. Wir<br />

wollen die wichtigen Sätze rekapitulieren: Eine „Gesellschaft” (im<br />

Sinne einer sozio-ökonomischen Ordnung) kann – als komplexe<br />

und spontane Ordnung – niemals einem einheitlichen, bekannten<br />

oder vorgegebenen Zweck (Zwecke-Katalog) dienen (genauso wenig<br />

wie alle anderen komplexen evolutorischen Ordnungen der<br />

gesamten Natur), es sei <strong>den</strong>n, man vergewaltigt sie zu einer Orga-<br />

73

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