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Kreide-fuer-den-Wolf_Roland-Baader

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fenstern und auf <strong>den</strong> Speisekarten wären dem Touristen so unverständlich<br />

wie chinesische Schriftzeichen; und niemand würde ihm<br />

für sein Geld auch nur eine einzige Mahlzeit verkaufen, ganz<br />

gleich wieviele Scheine seiner eigenen Valuta er hinblättern würde.<br />

Die Wert- und Bewertungsvorstellungen der Einheimischen<br />

und die des Frem<strong>den</strong> könnten nicht auf einen gemeinsamen Nenner<br />

gebracht wer<strong>den</strong> und stoßen verständnislos aufeinander. Erst<br />

wenn beide Seiten einen Kurs, einen Maßstab kennen, wer<strong>den</strong> ihre<br />

Vorstellungswelten vom Wert der Dinge und der Wünsche kompatibel,<br />

können sich ineinander verzahnen und miteinander in austauschen<strong>den</strong><br />

Kontakt treten.<br />

Auf die Wertschätzungen zweier oder vieler Menschen übertragen,<br />

besagt dieses Beispiel, daß sie alle nur dann in der Lage sind,<br />

zu kooperieren und zu interagieren, wenn sie einen gemeinsamen,<br />

einheitlichen Bewertungsmaßstab haben. Und dieser ist das Geld,<br />

sprich: die Preise. Erst wenn ein jeder von uns seine eigenen tausendfältig<br />

gefächerten Präferenzen (mehr oder weniger bewußt<br />

und konkret) zueinander in artikulierbare Relationen setzen (d. h.<br />

sie in Preisen und Preisverhältnissen näherungsweise ausdrücken)<br />

kann, wird er für je<strong>den</strong> anderen zum Gesprächspartner, mit dem<br />

man sich über Berührungspunkte und Vergleichbarkeiten der<br />

wechselseitigen Bewertungs-Komplexe unterhalten kann. Anders<br />

gesagt: Die arbeitsteilige Welt ist ein unvorstellbar komplexes Labyrinth<br />

von Ziel- und Urteils-Vektoren, dessen wirres Wegenetz<br />

sich zu allem Übel auch noch permanent verändert. In diesem Labyrinth<br />

gibt es nur eine einzige zuverlässige, sich in kybernetischer<br />

Koppelung ständig selbstordnende Beschilderung: die Preise.<br />

Das, was Professor von Hayek (freilich in ganz anderen, sicher<br />

besseren und wahrscheinlich sogar richtigeren Erklärungsformen)<br />

seine „Entdeckung” nennt, ist eine der größten intellektuellen<br />

Leistungen der Neuzeit: Die Entdeckung, daß die Preise nicht nur<br />

die Funktion haben, Angebot und Nachfrage zum Ausgleich zu<br />

bringen und die volkswirtschaftlichen Ressourcen ihrer optimalen<br />

Verwendung zuzuführen, sondern daß sie in einer komplexen und<br />

spontanen Ordnung vor allem die einzig verläßlichen Signale darstellen,<br />

die uns sagen können, was wir tun und was wir nicht tun<br />

sollen, wie und wo wir unser Wissen in das große Delta der tausend<br />

(Handlungs-)Ströme und Rinnsale einbringen sollen, um unsere<br />

Ziele in effektivster Weise erreichen zu können. Und indem<br />

alle Beteiligten ein gleiches tun, fließen Wissen und Fertigkeiten<br />

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