30.11.2014 Aufrufe

Kreide-fuer-den-Wolf_Roland-Baader

Kreide-fuer-den-Wolf_Roland-Baader

Kreide-fuer-den-Wolf_Roland-Baader

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

mit Steuern, Verordnungen und Zinstreiberei die Unternehmen<br />

vom Kapitalmarkt vertrieben hat, dann kommt – die Perversion<br />

der Perversion – einer daher und sagt: Wer soll <strong>den</strong>n die Spargelder<br />

noch aufnehmen (außer dem Staat), welche die Unternehmen<br />

nicht mehr wollen.<br />

„Ja, aber unser Wirtschaftswachstum!”, höre ich da die politischen<br />

Schlaumeier sagen, „wir platzen doch aus allen Nähten vor<br />

lauter Reichtum.” Auch hier hat das „Merken” längst aufgehört,<br />

sonst hätten wir gemerkt, daß die Bundesrepublik mit einem Netto-Wachstum<br />

der Ausrüstungs-Investitionen von einem halben<br />

Prozent (in <strong>den</strong> späten 80er Jahren) die geringste Rate aller Industrienationen<br />

aufweist, und daß dies <strong>den</strong> konsequent geplanten und<br />

systematisierten Bankrott der Zukunft bedeutet.<br />

Oft erschrecke ich bei Diskussionen über die Gefahren einer<br />

Depression oder eines „Finanzcrashs” über die arrogantnonchalante<br />

Leichtfertigkeit, mit der viele Menschen über diese<br />

Themata hinweggehen. Nun zähle ich mich zwar selbst zu <strong>den</strong> Lachen<strong>den</strong><br />

dieser schaurig-schönen Erde (trotz aller „Päckchen”, die<br />

wir wohl alle zu tragen haben), und bin weit davon entfernt, der<br />

uns geschenkten kurzen Lebensspanne mit dem Würgeeisen der<br />

düster-philosophieren<strong>den</strong> Melancholie oder des manischen Pessimismus<br />

Gewalt anzutun, aber jener Frohsinn, der oft nur auf eine<br />

kalte, zynisch-hoffärtige Gleichgültigkeit hinweist, macht mich<br />

schaudern. Speziell bei <strong>den</strong> „Gebildeten”, die <strong>den</strong> „Wirtschaftskram”<br />

für eine Krämerseelen-Beschäftigung halten, vermisse ich<br />

das Minimum an Einsicht, daß Katastrophen apokalyptischen<br />

Ausmaßes wie der Zweite Weltkrieg nur auf dem Bo<strong>den</strong> einer zerrütteten<br />

Ökonomie wachsen konnten. Mit dem Blut und <strong>den</strong> Tränen<br />

dieses Krieges könnte man <strong>den</strong> Bo<strong>den</strong>see füllen; mit dem kumulierten<br />

Schmerz der Opfer die Erde in Milliar<strong>den</strong> Fetzen sprengen.<br />

Lachen wir, Freunde, wo immer und wann immer wir können,<br />

aber lachen und spotten wir nicht bei ernsthaften Erörterungen<br />

der Apokalypse – trete sie erst in tausend Jahren oder schon<br />

morgen ein. Aber, wie gesagt: Die Finanzen sind nur ein Teilaspekt<br />

der Zusammenhänge, die es zu analysieren gilt. In der Tat<br />

handelt es sich bei der Betrachtung der bisherigen Entwicklungen<br />

(welche einen bestimmten weiteren Verlauf möglich oder wahrscheinlich<br />

wer<strong>den</strong> lassen) um hochkomplexe und komplizierte<br />

geistesgeschichtliche, historische und sozio-ökonomische Phänomene<br />

und Strukturen, welche sich eigentlich jeder vereinfachen<strong>den</strong><br />

Darstellung entziehen. Weil ich aber davon überzeugt bin, daß<br />

35

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!