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Kreide-fuer-den-Wolf_Roland-Baader

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V. Der mißverstan<strong>den</strong>e Götze<br />

„Die Gefahr ist, daß wir ein Mittel<br />

zur Sicherung der Gerechtigkeit [die<br />

Demokratie] für die Gerechtigkeit<br />

selbst halten.”<br />

Friedrich A. von Hayek<br />

„Absolute Macht vergiftet Despoten,<br />

Monarchen und Demokraten<br />

gleichermaßen.”<br />

John Adams<br />

1. Die ewig falsche Frage<br />

Es ist nicht verwunderlich, daß Platon, der Erfinder eines totalitären<br />

Moralbegriffs, auch ein totalitäres Demokratieverständnis<br />

entwickelt hat. Als erster unter <strong>den</strong> großen Athenern stellte er mit<br />

Blick auf die demokratische Regierungsform die falsche Frage:<br />

„Wer soll herrschen?” – und gab auch gleich die Antwort: „Die<br />

Weisesten und Ältesten.” Politik also als gerontologische Disziplin.<br />

Ein folgenschwerer Irrtum, <strong>den</strong>n: Ganz gleich, wer herrscht,<br />

ob ein Weiser oder ein Tor, ob ein Monarch oder ein Triumvirat,<br />

ob Aristokraten, Autokraten, Plutokraten oder Demokraten („das<br />

Volk”) – die richtige Frage zu jeglicher Regierung kann immer<br />

nur lauten: „Wie kann Herrschaft beschränkt wer<strong>den</strong>?” 209<br />

Doch Platons falscher Frage scheint ewiges Leben beschie<strong>den</strong> zu<br />

sein. Zweitausend Jahre später erlebte sie bei Thomas Hobbes<br />

und Jean-Jacques Rousseau ihre strahlende Wiedergeburt. Im<br />

Hobbes‟schen Kampf aller gegen alle mußte ein oberstes Schutzorgan<br />

her: der allmächtige Leviathan (womit bei ihm die falsche<br />

Frage „Wer soll herrschen?” gelöst schien); und Rousseau lieferte<br />

die „demokratische” Ergänzung, indem er <strong>den</strong> „höchsten Souverän”<br />

als Schöpfung und Essenz des souveränen Volkswillens legitimierte.<br />

Was sollte da noch schiefgehen?!<br />

Wie anders dagegen Platons bedeutendster Schüler, Aristoteles:<br />

Er weigerte sich, eine Regierungsform „Demokratie” zu nennen,<br />

in der die Stimmen der Mehrheit – und nicht mehr das Gesetz (die<br />

„Isonomia” als Rechtsgleichheit für alle) – entscheide, was erlaubt<br />

und was verboten sei. Doch Platon und seine unseligen Nachfolger<br />

im 17. Jahrhundert sollten stärker bleiben. Durch die gesamte<br />

Geschichte der Demokratie zieht sich das tragische Mißverständnis,<br />

diese Regierungsform nicht mehr lediglich als Methode der<br />

Machtbeschränkung und der Kontrolle jeglicher Herrschaft zu be-<br />

181

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