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4.2.2. Anforderungen an Finanzierungsmodelle für die Arbeit mit Erwachsenen<br />
Die spezielle Situation der Betroffenen von sexueller Gewalt macht es unumgänglich,<br />
dass es die Möglichkeit zu einer anonymen Beratung gibt. Dies wäre bei einer<br />
fallbezogenen Abrechnung, z. B. über Krankenkassen, nicht der Fall. Zusätzlich<br />
gilt zu bedenken, dass Menschen ohne Krankenversicherung bzw. Papiere so von<br />
dem Beratungsangebot ausgeschlossen sind. In dieser Gruppe befindet sich aber<br />
ein erhöhter Anteil von Menschen mit sexuellen Gewalterfahrungen.<br />
Bei einer Finanzierung über Krankenkassen steht zu befürchten, dass die Beratungsstellen<br />
aus Abrechnungsgründen zu diagnostischen Einschätzungen gegenüber<br />
den Kassen gezwungen sein werden. Dies bedeutet nicht nur zusätzliche Arbeit,<br />
die finanziert werden muss, es erfordert auch zusätzliche Qualifikationen, die<br />
keineswegs in allen Einrichtungen vorhanden sind. Gerade niedrigschwellige Beratungsangebote<br />
haben bisher bewusst ohne eine Startdiagnose gearbeitet.<br />
4.2.3 Anforderungen an Finanzierungsmodelle für die Arbeit mit Betroffenen mit<br />
Migrationshintergrund<br />
Für die Finanzierung des Einsatzes qualifizierter Sprach- und Kulturmittler ist eine<br />
entsprechende Erweiterung des § 17 Abs. 2 SGB I anzustreben, der bereits für<br />
Menschen mit einer Hörbehinderung die verpflichtende Kostenübernahme für<br />
Kommunikationshilfen durch die zuständigen Leistungsträger regelt.<br />
Für die aktuelle Familienpolitik ergibt sich daher folgender Handlungsbedarf:<br />
a) Es ist zu überprüfen, inwieweit die gegenwärtigen Rahmenbedingungen der Institutionellen<br />
Beratung so verändert werden können, dass Beratungsleistungen der Beratungsstellen<br />
nicht mehr nur als „sog. freiwillige Leistung“ des örtlich zuständigen Kostenträgers<br />
abgerechnet werden können, sondern gemäß § 77 SGB VIII flächendeckend<br />
im Kostenerstattungsverfahren (z. B. durch Fallpauschalen) refinanziert werden.<br />
b) Unter Berücksichtigung der Gewährleistungspflichten der Bundesländer nach<br />
§§ 79/80 i.V.m. § 82 und § 85 Abs. 2 Nr. 2, Nr. 3, Nr. 6. und Nr. 8 SGB VIII ist nach geeigneten<br />
Möglichkeiten zu suchen, die institutionellen Rahmenbedingungen für die Hilfen<br />
zugunsten von Betroffenen von sexueller Gewalt, ihres Umfeldes und ihrer Familien deutlich<br />
zu verbessern und dauerhaft sicherzustellen (z. B. durch Leistungs- und Qualitätsvereinbarungen,<br />
Landesrichtlinien und/oder Novellierung der jeweiligen gesetzlichen Grundlagen).<br />
c) Das BMFSFJ als fachlich zuständige oberste Bundesbehörde wird angeregt,<br />
im Rahmen der Entwicklung eines Bundeskinderschutzgesetzes eine Präzisierung und<br />
Differenzierung des Leistungs- und Aufgabenspektrums der „insoweit erfahrenen Fachkraft“<br />
nach § 8a Abs. 2 SGB VIII vorzunehmen.<br />
Insbesondere ist zu prüfen, inwieweit die bereits vorhandenen mehr als 1.600 „insoweit<br />
erfahrenen Fachkräfte“ im Bereich der Institutionellen Beratung auch verstärkt für den<br />
Bereich der Prävention, Information und Intervention bei sexueller Gewalt tätig werden<br />
können. Hierfür sollten diese Kinderschutzfachkräfte von den Fachkräften der Spezialberatungsstellen<br />
fortgebildet werden für einen noch kompetenteren Umgang mit Fällen sexueller<br />
Gewalt auch in den anderen Bereichen der Jugendhilfe (beispielsweise in Kitas,<br />
Jugendfreizeiteinrichtungen etc.) und als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren zum Einsatz<br />
kommen.<br />
Im Rahmen des Bundeskinderschutzgesetzes soll sichergestellt werden, dass freie Träger<br />
der Jugendhilfe eine auf ihren Aufgabenbereich abgestimmte spezifische und qualifizierte<br />
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