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3.2 Primäre Prävention bei Ersatzhandlungen<br />
Hinsichtlich der (potenziellen) Täterschaft von Kindern und Jugendlichen ist der Einfluss<br />
der Neuen Medien und des Internets zu beachten, sodass es für Expertinnen und Experten<br />
erforderlich ist, die verfügbaren Bildinhalte im Internet selber zu kennen, um daraus<br />
Rückschlüsse für die Entwicklung von Präferenzstörungen bei Heranwachsenden zu ziehen<br />
(i. e. Früherkennung), aber auch um den Zusammenhang zwischen der Nutzung dieser<br />
Materialien und sexuellen Verhaltensstörungen (auch als Ersatzhandlung) berücksichtigen<br />
zu können (als Beispiel hierfür wurde ein 14-Jähriger angeführt, der ein „Hentai-<br />
Spiel“, dessen Zweck darin bestand, dass eine Prinzessin durch ständiges Durchführen<br />
von Oralverkehr an Belagerern ihres Königsreiches dieses retten sollte, einem 5-Jährigen<br />
vorführte und diesen dann animierte, bei ihm selbst Oralverkehr durchzuführen).<br />
Unter primärpräventiven Gesichtspunkten erwachsen hieraus auch besondere Anforderungen<br />
an die Sexualerziehung, welche auch medienpädagogischen Gesichtspunkten zu<br />
diesem Thema besondere Beachtung schenken müsste (an dieser Stelle Verknüpfung mit<br />
der UAG I).<br />
Hinsichtlich der Umsetzung einer Früherkennung bei Kindern und Jugendlichen bedürfte<br />
es bei Auftreten von sexuellen Verhaltensauffälligkeiten einer qualifizierten diagnostischen<br />
Abklärung mit Erfassung der Nutzung von Internetpornografie und einer Exploration der<br />
sexuellen Präferenzstruktur durch entsprechend weitergebildete Kinder- und Jugendpsychiaterinnen<br />
und -psychiater.<br />
Bei der speziellen Zielgruppe von Menschen mit geistiger Behinderung empfiehlt es sich<br />
ebenfalls, auf sexualpädagogische Möglichkeiten zu fokussieren, zumal davon ausgegangen<br />
werden muss, dass Opferschaft bei geistig behinderten Menschen noch häufiger vorkommt<br />
als bei nicht geistig Behinderten. Nicht selten sind im Übrigen geistig Behinderte<br />
dann auch selbst Täter. Zielstellung dieser Arbeit müsste im Wesentlichen sein, ein positives<br />
Konzept von intimen Bindungen und ein sozial adäquates Kontaktanbahnungsverhalten<br />
zu vermitteln, gleichzeitig aber aufzuklären über sexuelle Gewalt und das Recht auf<br />
Selbstbestimmung („Mein Körper gehört mir“, „Ich vertraue meinem Gefühl“, „Es gibt verschiedene<br />
Berührungen“, „Nein-sagen ist erlaubt“, „Es gibt gute und schlechte Geheimnisse“,<br />
„Ich teile mich mit und suche Hilfe“). Evaluierte Sexualerziehungsprogramme (zumal<br />
für jugendliche geistig Behinderte) mit „Follow-up“-Messungen fehlen vollständig.<br />
4. Sekundäre Prävention<br />
Wenn es zu sexuellen Übergriffen bereits gekommen ist, dann muss das Bestreben der<br />
Verhinderung weiterer Taten gelten (Sekundärprävention), wobei davon auszugehen ist,<br />
dass die meisten sexuellen Traumatisierungen den Strafverfolgungsbehörden nicht bekannt<br />
werden (sog. Dunkelfeld): Der für Deutschland repräsentativen Studie von Wetzels<br />
(1997) zufolge betrifft dies ca. 9 % der Mädchen und ca. 3 % der Jungen (die bis zu ihrem<br />
16. Lebensjahr erzwungene sexuelle Handlungen mit Körperkontakt durch einen erwachsenen<br />
Täter erleben).<br />
Zu unterscheiden ist schon deshalb zwischen justizbekannten und nicht justizbekannten<br />
Tätern, als Erstere stärker durch rechtliche Abwägungen zu einer Therapieteilnahme motiviert<br />
sein könnten.<br />
Dessen ungeachtet ist sowohl bei justizbekannten als auch bei justizunbekannten Tätern<br />
mit Blick auf die Absenkung der Wiederholungsgefahr vor Einleitung einer therapeutischen<br />
Maßnahme in Erfahrung zu bringen, welche Störung vorliegt, d. h. eine Diagnose<br />
zu stellen.<br />
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