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zeichnet – alles Faktoren, die einander potenzieren, sodass es im Nachhinein unmöglich<br />
ist, die später gezeigten Symptome und Verhaltensauffälligkeiten bei den Opfern einzig<br />
auf den sexuellen Missbrauch zurückzuführen. Insgesamt handelt es sich um das Urvertrauen,<br />
die Selbstsicherheit und Selbstbestimmtheit in hohem Maße beeinträchtigendes<br />
Amalgam negativer Entwicklungsbedingungen.<br />
3. Primäre Prävention<br />
Sowohl bei den durch Präferenzstörungen bedingten sexuellen Übergriffen als auch hinsichtlich<br />
der Taten, die als Ersatzhandlungen einzuordnen wären, muss es grundsätzlich<br />
das Ziel sein, primärpräventiv Maßnahmen zu ergreifen, welche geeignet sind, Übergriffe<br />
zu verhindern. Dies ist bei den Präferenzstörungen deshalb „einfacher“, weil diese im Jugendalter<br />
beginnen und ein unveränderbarer Bestandteil der Betroffenen bleiben, weshalb<br />
dies ein eigener Anknüpfungspunkt für Präventionsbemühungen sein kann (siehe Punkt<br />
3.1), während den Ersatzhandlungen verschiedene Ursachen zugrunde liegen, die man<br />
entsprechend jeweils gezielt präventiv aufgreifen müsste (siehe Punkt 3.2). Mit Blick auf<br />
Jugendliche und geistig Behinderte ergibt sich hier eine große Chance für die Früherkennung<br />
und die Sexualpädagogik, während Persönlichkeitsstörungen und problematische<br />
familiäre Verhältnisse präventiv besonders schwer erreichbar sein dürften: Hier besteht<br />
Forschungsbedarf zu Täterprofilen und Risikofaktoren.<br />
3.1 Primäre Prävention bei Präferenzstörungen<br />
Wegen des Beginns im Jugendalter und der Unveränderbarkeit der sexuellen Präferenzstruktur<br />
und damit auch der pädophilen/hebephilen Neigung ist es erforderlich, die Betroffenen<br />
so früh wie möglich präventiv zu erreichen: noch bevor sie Missbrauchsabbildungen<br />
(verharmlosend als „Kinderpornografie“ bezeichnet) genutzt oder gar einen sexuellen<br />
Übergriff begangen haben.<br />
Es handelt sich im Kern um einen primärpräventiven Ansatz, da die Betroffenen erreicht<br />
werden sollen, bevor sie Täter werden. Insofern ist es wichtig, sie möglichst begrifflich<br />
auch nicht mit Tätern in Verbindung zu bringen. Selbst die Bezeichnung als „potenzielle<br />
Täter“ könnte irreführend sein und verwischt möglicherweise die notwendige Differenzierung<br />
zwischen der sexuellen Präferenzstörung (lediglich die Neigung) und der sexuellen<br />
Verhaltensstörung (wenn es zu Taten kommt).<br />
Hinsichtlich der Diagnostik ist zu berücksichtigen, dass durch die leichte Erreichbarkeit<br />
von Missbrauchsabbildungen vielfach Männer mit pädophiler Neigung bereits Kontakt mit<br />
entsprechenden Materialien gehabt haben, was deshalb stets mit erfasst sowie für die<br />
Diagnosestellung ggf. entsprechend genutzt werden muss (vgl. Quayle und Taylor 2002<br />
sowie Seto et al. 2006).<br />
Bezüglich der Therapie ist zunächst zugrunde zu legen, dass es sich um eine chronische<br />
Erkrankung handelt. Die Präferenzstörung selbst kann nicht behoben werden, aber es<br />
lässt sich sehr gut Verhaltenskontrolle durch breit kognitiv-behavioral basierte therapeutische<br />
Maßnahmen erzielen und dies verstärken durch die Einbeziehung von Angehörigen<br />
oder Partnerinnen (Letztere insbesondere bei einer nicht-ausschließlichen Pädophilie),<br />
weil diese dazu beitragen können, dass sozial unkontrollierte Situationen mit Kindern<br />
vermieden werden. Schließlich gibt es spezielle medikamentöse Behandlungsoptionen,<br />
welche sexuelle Impulse zu dämpfen vermögen und eine zusätzliche wichtige Sicherungsfunktion<br />
erfüllen.<br />
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