abstraktband - Berufsverband Niedergelassener Chirurgen
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achtung der Patienten wird diskutiert. Durch den Wandel zu einer farbstofffreien<br />
Therapie verlor sich die soziale Stigmatisierung der Hautkranken.<br />
Der Dermatologe begleitet heute den Patienten auf seinem Weg<br />
mit einer chronischen Dermatose im gemeinschaftlichen Abwägen von<br />
Diagnostik und Therapie.<br />
AKS15/02<br />
Wie gehen wir mit dem Schamgefühl unserer Patienten um? – Ansichten<br />
gestern und heute<br />
Taube K-M 1<br />
1 Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle/Saale, Germany<br />
Der Mensch war zunächst nackt und empfand dabei keine Scham.<br />
Nacktheit, Sexualität, Defäkation, Körpergeräusche, Körpergeruch waren<br />
öffentlicher und daher ungleich weniger mit Scham besetzt. Während<br />
vorher die gesellschaftliche Kontrolle der “tierischen” Natur des Menschen<br />
verhältnismäßig gering war, hatten es die Europäer vor allem seit<br />
dem 16.Jahundert unternommen, nach und nach alles das zurückzudrängen,<br />
was sie an sich selbst als “tierische Charaktere” empfanden.<br />
Nach dem sich das Abendland schließlich sich selbst zivilisierte, ging es<br />
daran, auch den fremden Völkern die frohe Botschaft der Zivilisation zu<br />
verkünden. Der gesellschaftliche Wandel bedingt auch einen permanenten<br />
Wandel der Einstellung zu Nacktheit und als Folge ein Wandel<br />
des Schamgefühls. Für den Dermatologen ist das Schamgefühl besonders<br />
zu finden bei sichtbaren Hauterkrankungen(Gesicht, Hände), bei<br />
entstellenden Dermatosen (Narben, Lupus erythematodes), bei körperdysmorphen<br />
Patienten, bei tiefenpsychologischen Konflikten (Ambivalenz:<br />
Schuld-Scham), Tumorpatienten. Fallbeispiele werden vorgestellt.<br />
Der Dermatologe sollte um Einflüsse auf das Schamgefühl seiner Patienten<br />
wissen, um adäquat darauf reagieren zu können, und er verbessert<br />
damit das Verständnis und die Compliance zu den Patienten.<br />
Literatur:<br />
1. Levy, A: Haut und Seele, Verl.Könighausen und Neumann, 1999,<br />
2. Duerr, H P: Nacktheit und Scham, Verl.Suhrkamp, 1994<br />
AKS15/03<br />
Farbstoffe in der Dermatologie: Sichtbar wirksam oder sozial<br />
stigmatisierend?<br />
Löser C 1<br />
1 Klinikum Ludwigshafen, Hautklinik, Ludwigshafen, Germany<br />
Wer seine Ausbildung in den neunziger Jahren begonnen hat, wird sie<br />
noch vor Augen haben – Patienten mit gefärbter Haut in grün,rot,violett<br />
oder blau. Großflächige Farbstoffanwendungen stammen aus einer Zeit,<br />
in der das Arsenal der topischen Therapie gut verträgliche Antiseptika<br />
oder Hautantibiotika ebensowenig kannte, wie Kortikosteroide und Antimykotika.<br />
Heute aus pharmazeutischer Sicht als obsolet eingestuft,<br />
sind die Farbstoffe bis auf einige Grenzindikationen aus vielen Kliniken<br />
weitgehend verschwunden. In der Wundbehandlung haben sie aufgrund<br />
nachteiliger Wirkungen ihre Berechtigung sogar völlig verloren.<br />
Auch das Bild der Dermatologie in ihrer Außendarstellung hat sich gewandelt.<br />
Erkannten Kollegen anderer Fachrichtungen und Mitpatienten<br />
einen Hautkranken in der Klinik früher oft an seinen Farben, so sehen sie<br />
heute mehr die dermatochirurgischen Patienten mit ihren modernen<br />
Verbänden.<br />
Handelt es sich dabei um eine beklagenswerte Beschneidung des dermatotherapeutischen<br />
Spektrums oder ist es eine folgerichtige Entwicklung<br />
und medizinischer Fortschritt, der die Farbstofftherapie zu einer<br />
Fußnote der Medizingeschichte werden läßt?<br />
AKS15/04<br />
Leben mit Lepra – in Deutschland vor 100 Jahren<br />
Hundeiker M 1 , Brömmelhaus H 2<br />
1 Universität Münster, Münster, Germany, 2 Lepra-Museum,<br />
Münster-Kinderhaus, Münster, Germany<br />
Lepra war in den Deutschen Ländern seit 1712 nicht mehr vorgekommen.<br />
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde sie durch ausländische<br />
Landarbeiter in die preußischen Kreise Memel und Heydekrug<br />
eingeschleppt. Kleine Endemieherde auf dem Lande blieben anfangs<br />
unbeachtet. Aber 1882 registrierte der Kreisarzt Dr. Rosenthal einen<br />
ersten sicheren Erkrankungsfall. E. Arning, Hamburg, der die Krankheit<br />
zuvor nur bei Patienten aus Übersee beobachtet hatte, reiste eigens<br />
dorthin und berichtete darüber beim 2. Internationalen Dermatologen-<br />
Vorträge – Arbeitsgemeinschaften und assoziierte Gesellschaften S25<br />
kongreß in Wien 1892.1893 folgte ein eingehenderer Bericht des Memeler<br />
praktischen Arztes Dr. Pindikowski in der Deutschen Medizinischen<br />
Wochenschrift. Daraufhin untersuchte Robert Koch im Regierungsauftrag<br />
die Situation im Kreise Memel. Er publizierte seine Ergebnisse und<br />
Empfehlungen 1897. Im gleichen Jahr fand die noch von Rudolf Virchow<br />
initiierte erste wissenschaftliche Lepra-Konferenz in Berlin statt. Mit der<br />
Eröffnung des ersten Deutschen Lepra-Krankenheimes bei Memel entsprechend<br />
den Anregungen von Koch 1899. dem Reichsseuchengesetz<br />
1900 und der Anweisung des Deutschen Bundesrates zur Bekämpfung<br />
des Aussatzes 1904 waren sehr bald wirksame Voraussetzungen zur Eindämmung<br />
der Seuche geschaffen. Der Erreger war schon von Hansen<br />
1873 entdeckt, die Infektionswege waren zumindest seit der Untersuchung<br />
Kochs weitgehend geklärt. Auch schon die erst 2006 genetisch<br />
aufgeklärte unterschiedliche Empfänglichkeit verschiedener Menschen<br />
für die Erkrankung war bereits bemerkt worden. Aber eines fehlte noch:<br />
eine sicher wirksame verträgliche Therapie. Lepra war unheilbar.<br />
Das war entscheidend für die besondere damalige Situation Lepröser im<br />
Vergleich z. B. zu Tuberkulosekranken: Die damals sehr häufige Lungentuberkulose<br />
war kontagiös,aber nicht entstellend.Die Haut-Tuberkulose<br />
(Lupus vulgaris) war entstellend, aber nicht köntagiös. Die Lepra jedoch<br />
ging durchwegs mit schrecklichen Entstellungen und Verstümmelungen<br />
einher und war praktisch immer ansteckend. Deshalb mußten Lepröse<br />
damals stets isoliert bleiben, während Lupuskranke mit anderen<br />
zusammen arbeiten und lernen konnten.Lupuskranke konnten dadurch<br />
in ihren oft langjährigen Klinik-Karrieren wichtige Funktionsstellungen<br />
erreichen. Ein Beispiel dafür war Hein, der Privatsekretär und Laborleiter<br />
Albert Neissers.Leprösen musste das alles damals verwehrt bleiben.Entsprechend<br />
den auf Norwegische Vorbilder gegründeten Empfehlungen<br />
R. Kochs wurden sie aber nicht zwangsweise asyliert, wenn sie im familiären<br />
Umfeld unter Einhaltung der Hygiene- und Desinfektionsvorschriften<br />
betreut werden konnten.Wo dies nicht möglich war, akzeptierten<br />
Kranke das Heimleben meist, weil es komfortabler war als das Milieu,<br />
in dem sie die Infektion erworben hatten.<br />
Damals, vor einem ganzen Jahrhundert, begann mit der Einführung des<br />
Antileprol (Bayer, 1907) auf der Basis von Hydnocarpus-Ölen in Deutschland<br />
die Hoffnung auf eine erfolgreiche medikamentöse Therapie. Vor<br />
einem halben Jahrhundert, mit Entwicklung der bald auch auf Wirkungen<br />
gegen andere Mycobacterien untersuchten heutigen Tuberculostatica<br />
und Chemotherapeutica, war dies Ziel erreicht. Die Hoffnung auf<br />
völlige Ausrottung des Aussatzes schien damals sehr gut begründet zu<br />
sein. Inzwischen ist jedoch klar, dass der Mensch nicht mehr einziger<br />
Wirt des M. leprae ist und dass offenbar nach WHO-gemäßer Kurzzeit-<br />
MDT symptomarme infektionsfähige Kranke vorkommen. Damit erweist<br />
sich leider die Hoffnung auf baldige Eradikation der Lepra als Illusion.<br />
AKS15/05<br />
Krankheitserleben von Lepra-Patienten in Kambodscha<br />
Bendick C 1<br />
1 University of Health Sciences, Phnom Penh, Cambodia<br />
Lepra (M. Hansen, Aussatz) ist eine durch Mycobacterium leprae verursachte<br />
Infektionskrankheit, welche vor allem die Haut und die hautnahen<br />
Nerven befällt. Ihre klinischen Manifestationen sind durch Makulae,<br />
Plaques, Knoten und Ulzerationen gekennzeichnet. Der üblicherweise<br />
hochchronische Verlauf der Erkrankung kann unterbrochen werden<br />
durch sogenannte Reaktionen, d.h. akuten Exazerbationen des Geschehens,<br />
welche u.a. mit Fieber, ausgeprägtem Krankheitsgefühl und einer<br />
schmerzhaften Aktivierung bestehender Läsionen einhergehen.<br />
Langzeitfolgen der un- oder fehlbehandelten Lepra bestehen meist in<br />
Beeinträchtigung und Zerstörung peripherer Nerven, was zu Lähmungen,<br />
Einschränkungen der Sensibilität und (durch wiederholte Verletzungen<br />
bzw. Entzündungen) zu Gewebsverlust, Sequestration von Knochen<br />
und damit Missbildungen vor allem der Hände und Füße führen<br />
kann. Auch ophthalmologische Komplikationen bis hin zur Blindheit sowie<br />
männliche Infertilität sind häufige Konsequenzen. Der nicht seltene<br />
Einbruch des Nasenskelettes und der Verlust der Augenbrauen, gepaart<br />
mit wulstartigen Verdickungen der Gesichtshaut, gibt den betroffenen<br />
Patienten ein charakteristisches Aussehen, die facies leonina.<br />
In Kambodscha gilt die Lepra als eliminiert. Nach WHO-Kriterien bedeutet<br />
dies, dass die Krankheitsinzidenz weniger als ein Patient auf 10.000<br />
Einwohner beträgt – bei bei einer Population von ca. 14 Mio. wurden im<br />
Jahr 2006 in Kambodscha knapp 300 Neuerkrankungen gesehen. In die<br />
Tausende geht jedoch die Anzahl jener Individuen, welche aufgrund einer<br />
durchgemachten und bakteriologisch geheilten Lepra bei gleichzei-<br />
JDDG | Supplement 2 ˙ 2007 (Band 5)