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TN 50 - Gemeinnütziger Verein Tiegenhof - Kreis Großes Werder eV

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In der Nachbarschaft waren drei Jungen aus Oberkrüchten und Elmpt (heute <strong>Kreis</strong> Viersen)<br />

untergebracht, sie waren ca. 11 bis 13 Jahre alt. Ein vierter war auf der Störbuderkampe. Dieses war<br />

ein großes Gut. Ein Milchfuhrwerk nahm uns mit. Theo Hummer, so hieß er, - leider ist er 1942<br />

beim Absturz eines englischen Bombers in Oberkrüchten mit seiner ganzen Familie getötet worden<br />

- zeigte uns mit dem Verwalter das Gut. Wir hatten noch nie so große landwirtschaftliche Gebäude<br />

gesehen. Draußen wurde auf einem riesigen Feld der Mohn geerntet. Zwei große Mähbinder, von<br />

Traktoren mit Raupenantrieb gezogen, waren hier im Einsatz. Viele Arbeitsmaiden und<br />

Fremdarbeiter waren dabei, die Garben in Hocken zu stellen.<br />

Da wir nicht zu Schule mußten, war es klar, daß wir immer etwas zusammen unternahmen. Am<br />

liebsten hielten wir uns an der Weichsel auf, hier lag immer ein Dampfer, die "Friede". Es kamen<br />

auch Lastkähne, die Steine geladen hatten. Gefangene aus dem Lager luden diese Steine auf<br />

Pferdewagen um, die wurden dann von Hand bis ins Lager gezogen. Mittags marschierte immer ein<br />

Zug von der SS Wachmannschaft zur Gaststätte Dau und kehrte dort ein. Meistens sangen sie das<br />

Lied "Droben im Oberland" mit dem Refrain " Da ist Jägerei da ist das Schießen frei, da möcht ich<br />

Oberjäger sein, schießen das ist meine Freud!" Heute, nach allem was in diesen Lagern geschehen<br />

ist, begreife ich erst wie zynisch dieses Lied von der SS gesungen war. Meine Freunde trieben es<br />

manchmal zu bunt.<br />

Frau Krause hatte heraus bekommen, das im Sägewerk Krause auch ein Ferienkind war. Das<br />

Sägewerk war am Ende des Ortes und Paul war froh, wenn ich ihn besuchen kam - er war<br />

vernünftiger. Ganz uneigennützig war ich dabei nicht, der , Weg führte immer am<br />

Lebensmittelgeschäft von Oma Gröning vorbei. Ich machte mich dann bemerkbar und Lissi, die<br />

' dort -im Laden war, gab mir dann etwas zu naschen. !In'Sägewerk gab es viele Spielgelegenheiten.<br />

, Manchmal gingen wir jedoch auch in den nahen Wald. Dort waren Feldbahnschienen mit einer Lore<br />

drauf, mit der wir manchmal fuhren.<br />

Es war schon September. Durch das viele Spielen am Wasser, waren alle erkältet. Die Pflegeeltern<br />

hatten unsere Badehosen beschlagnahmt. Wir wollten aber zur Ostsee. An einer abgelegenen Stelle<br />

haben wir all unsere Kleider ausgezogen und in eine Mulde gelegt. Als wir wieder nach Hause<br />

gehen wollten, waren unsere Kleider weg. Der Wind hatte den feinen Dünensand über unsere<br />

Kleider geblasen. Zufällig kamen Zöllner vorbei und die halfen uns die Kleider zu finden. Bei<br />

einem Fischer in Bodenwinkel holten Krauses immer frische Flundern und Aale. Ich bin einmal mit<br />

Irmchen mit dem Fahrrad dorthin gefahren, urn welche zu holen. Frau Krause war viel geschäftlich<br />

unterwegs und manchmal durfte ich sie begleiten. Mit der Kleinbahn fuhren wir nach <strong>Tiegenhof</strong><br />

und in die nähere Umgebung.<br />

Am meisten hat mir ein Ausflug nach Danzig gefallen. Schon früh fuhren wir bis Nickelswalde, von<br />

dort mit der Fähre über den Durchstich nach Schiewenhorst. Nun war es nicht mehr weit bis<br />

Danzig. Wir besichtigten die Marienkirche, das Krantor und sonst noch Gebäude, an die ich mich<br />

nicht mehr erinnern kann. Am besten aber hatte n1ir der Abstecher nach Langfuhr zum Flughafen<br />

gefallen. Ich hatte zwar schon Jagdflugzeuge und Stukas bei uns auf einem Feldflugplatz gesehen,<br />

aber noch keine großen Passagiermaschinen. Auch sind wir an einem Hafen vorbeigefahren wo<br />

große Schiffe lagen.<br />

Die sechs Wochen waren schnell vorüber, es kam auch ein bißchen Wehmut auf. In der Kleinbahn<br />

sangen die älteren Kinder: "Heut muß ich fort, von diesem schönen Ort, von diesem schönen<br />

Ostseebad. " Am nächsten Tag sind wir dann wohlbehalten zu Hause angekommen.<br />

Am 25. August 2009 gab es nach 69 Jahren in Kiel ein Wiedersehen mit Frau Irmgard Stoltenberg.<br />

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